Tipo di ricerca
Dottorato
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Philipp
Sarasin
Istituzione
Neuzeit
Luogo
Zürich
Anno
2019/2020
Abstract
Das Forschungsprojekt untersucht für den Zeitraum von 1937 bis 1967 das sozialpolitische Engagement dreier bedeutender Unternehmen der Schweizer Maschinenindustrie in der Ära der Hochkonjunktur und des Arbeitsfriedens: der Brown Boveri & Cie. (BBC) in Baden, der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) in Zürich-Oerlikon und der Gebr. Sulzer in Winterthur. Die betriebliche Sozialpolitik der Unternehmen soll als social engineering untersucht werden, das - mit dem Ziel einer sozialen Rationalisierung - auf die Optimierung reproduktiver Vorgänge nach Effizienzkriterien abzielt, um die Produktivität der Belegschaften zu fördern. In ihr kommt eine spezifische Subjektivierungsstrategie zum Ausdruck, die konstitutiv ist für die Herausbildung eines fordistisch verfassten Reproduktionsbereich.
Soziale Rationalisierung wird nicht als vorrangig ökonomisch induziertes Phänomen verstanden, sondern hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Konfliktualität und Bedeutung sozialgeschichtlich befragt. Wichtig ist die Verbindung von Betrieb und Alltag, von männlich konnotierter Erwerbs- und weiblich konnotierter Hausarbeit. Dies geschieht auf drei Analyseebenen, die miteinander verbunden werden. Zunächst wird auf Werkstattebene die Rationalisierung industrieller Arbeiten auf die für das Betriebsklima relevanten Sozialbeziehungen hin untersucht und in Bezug gesetzt zur Praxis der Fabrikfürsorge. In einem zweiten Schritt werden die betriebsnahen Wohlfahrtseinrichtungen (Wohlfahrtshäuser, Hauswirtschaftskurse, Vorsorgeeinrichtungen) und ihre Aktivitäten unter die Lupe genommen. Schliesslich wird der betriebsnahe und gemeinnützige Wohnungsbau als Strategem untersucht, die Wohn- und Lebensbedingungen von Arbeiter/innen- und Angestelltenfamilien langfristig nach produktionspolitischen Vorgaben zu beeinflussen.
Der in der Ära des Arbeitsfriedens bemerkenswerte Ausbau betrieblicher Sozialpolitik wird in den Kontext einer fortschreitenden Rationalisierung industrieller Arbeiten gesetzt, deren Durchsetzung stabile Arbeitsbeziehungen voraussetzte. Betriebliche Sozialpolitik sicherte die innere Kohäsion der Unternehmen. Zugleich stellte sie eine normative Verbindung her zur alltäglichen Lebensführung der Belegschaft. Denn die enormen Reallohnsteigerungen der Nachkriegszeit eröffneten neue und widersprüchliche Möglichkeiten des Lohngebrauchs - die sozialpolitisch reguliert sein wollten, um eine verlässliche Rückkoppelung von Lohnniveau, Konsumwunsch und Güterproduktion zu gewährleisten. Betriebliche Sozialpolitik stellt insofern ein wichtiges Verbindungsglied der fordistischen Verschränkung von Produktion und Reproduktion dar. Die Untersuchung thematisiert diese stets prekäre Vermittlung von Erwerbsarbeit und Alltagsleben am Beispiel der Maschinenindustrie.
Das Projekt kann sich auf einen breiten Quellenkorpus stützen. Quellen ergeben sich aus den Archivbeständen der Firmen, der unternehmenseigenen und externen Sozialdienste, der beteiligten arbeitswissenschaftlichen Institutionen, sowie der Akteure des Wohnungsbaus. Ausserdem wird die zeitgenössische Fachliteratur zu Betriebsführung, Sozialpolitik, Hauswirtschaft und Wohnungsbau hinzugezogen.
Schlagwörter: Rationalisierung, Sozialpolitik, Maschinenindustrie, Arbeitsfrieden, Fordismus, Gender, Subjektivierung, Stadt, Wohnen, Lebensstil