Wozu das Theater? Zur Entstehungsgeschichte der Theatersubventionen in Zürich (1890-1928)

AutorIn Name
Christoph
Kohler
Academic writing genre
PhD thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Jakob
Tanner
Institution
Neuzeit
Place
Zürich
Year
2005/2006
Abstract
Die "grosse Erzählung" der Aufklärung (Lyotard), in der auch die subventionierte Kultur ein Kapitel einnimmt, scheint zu Ende erzählt. 1994 schrieb der Journalist Thomas Schmidt in der Frankfurter Rundschau: "Die Ideengrundlage ist brüchig geworden, auf welcher der Turmbau der subventionierten Kultur errichtet worden war." Dafür spricht auch die Auflösung des modernistischen Dualismus zwischen "Kunst" und "Massenkultur". Die Entstehungsgeschichte dieses Dualismus ist das Thema meiner Dissertation. Untersuchungsgegenstand ist das Stadttheater und die Kinotheater in Zürich zwischen 1891 und 1928. In diesen Jahren wandelte sich einerseits das private Aktientheater zu einem subventionierten und öffentlichen Stadttheater. Andererseits öffneten in dieser Zeit nicht weniger als 28 Kinotheater in Zürich ihre Türen. Meine Hypothese ist, dass diese Gleichzeitigkeit kein Zufall war. Zunächst sollen die ökonomischen Bedingungen der Kulturproduktion untersucht werden. Bei der Theaterproduktion wird ein "ökonomisches Dilemma" (Baumol und Bowen) sichtbar werden: In einer durch technologische Innovationen dynamisierten Wirtschaft, in der Produktivitätsgewinne durch die Substitution von Arbeit durch Kapital erzielt werden, stagniert die Theaterproduktion. Dagegen hat eine Ökonomie des Kinos zu zeigen, dass diese der Logik des Marktes folgte. In einem zweiten Schritt soll eine Verbindung hergestellt werden zwischen Produktion und Ästhetik. Die Theaterproduktion richtete sich nicht nach der Nachfrage. Vielmehr sollte sie der "grossen Erzählung" der Aufklärung folgend "bildend" sein und "künstlerisch wertvoll" - ein Wert, der eben nicht auf dem (Kultur)Markt, sondern in einem begrenzten Kunstdiskurs vergeben wurde. Dagegen war die Filmproduktion nachfrageorientiert und folgte dem "ästhetischen Populismus" (Jameson). Laut Jameson besteht dieser in einer neuen "Oberflächlichkeit nach dem Verlust der Tiefendimension" - ein Merkmal, das durch die (neue) Kinoleinwand und die (veraltete) Theaterbühne symbolisiert wird. Auf dem Kulturmarkt konnte das Theater wegen der fehlenden Zahlungsbereitschaft der Theaterfreunde nicht bestehen. In einem zu untersuchenden kulturpolitischen Diskurs mussten die Kunstapologeten dem Zürcher Stimmvolk vor den Subventionsvorlagen 1901, 1908, 1918 und 1928 glaubhaft machen, dass das Theater Subventionen verdiene. Dieser kulturpolitische Diskurs war gleichsam ein Abgrenzungsdiskurs gegen die aufstrebende Massenkultur. und konstruierte sprachlich, was Kunst "ist" imGegensatz zur "Massenkultur". Sein materieller Niederschlag war das bis heute herrschende Subventionssystem und institutionelle Massnahmen gegen das Kino.

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