wohl gewachsen, bey 5. Schu hoch“. Eine historisch-anthropometrische Forschungsarbeit zum Entwicklungsverlauf der Körpergrössen in der Schweiz von 1750-1810

AutorIn Name
Alain
Mast
Academic writing genre
Licenciate thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Pfister
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2002/2003
Abstract

In der neueren Wirtschaftsgeschichte wird die Körpergrösse häufig als Kenngrösse für die Lebensumstände der Menschen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verwendet. In einer als Langzeitstudie angelegten Forschungsarbeit sollen unter diesem Gesichtspunkt die Lebensbedingungen in der Schweiz von 1750 bis 1870 untersucht werden. Die Lizentiatsarbeit versteht sich dabei als ersten Teil dieser Studie und befasst sich mit dem Zeitraum zwischen den Jahren 1750 und 1810.

 

Im einleitenden Teil, der das Wachstum aus humanbiologischer Sicht beschreibt, wird ersichtlich, dass jedem Menschen ein so genanntes genetisches Wachstumspotential zugrunde liegt, das je nach externen Einflüssen mehr oder weniger ausgeschöpft werden kann. Die Ernährungssituation gilt dabei als wichtigster Einflussfaktor. Der neueren Forschung ist zu entnehmen, dass im ausgehenden 18. Jahrhundert die Körpergrösse der Bevölkerung der USA aufgrund vorteilhafterer Lebensbedingungen im Durchschnitt einige Zentimeter über dem europäischen Durchschnitt lag. Ähnlich der europäischen Entwicklung hinsichtlich der durchschnittlichen Körpergrössen konnten aber auch in den USA im Verlauf des 19. Jahrhunderts grosse Schwankungen festgestellt werden.

 

Einen besonders grossen Einfluss schien dabei der Beginn der industriellen Revolution gehabt zu haben, konnten in dieser Zeit doch vor allem in Industriestädten erhebliche Rückgänge der Körpergrössen beobachtet werden. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts schienen diese Missstände behoben worden zu sein, was sich vor allem im europäischen Raum in einem steten Anstieg der durchschnittlichen Körpergrössen niederschlug. Diese noch bis in die Gegenwart anhaltende Entwicklung und deren Ursachen sind Gegenstand der so genannten Akzelerationsforschung.

 

Die Datengrundlage für die neuere Forschung zum 18. und 19. Jahrhundert besteht grösstenteils aus Rekrutendaten. Die Problematik bei der Verwendung solcher militärischer Musterungsdaten liegt an der mangelnden Repräsentativität der so berechneten Grössendurchschnitte. Die meisten Armeen verfügten über gewisse körperliche Mindestanforderungen für ihre Soldaten. Männer, welche aufgrund mangelnder Körpergrösse als untauglich galten, wurden beispielsweise gar nicht erst registriert, was bei der Betrachtung der berechneten Körpergrössendurchschnitte auf einer solchen Datenbasis stets berücksichtigt werden muss.

 

Die Quellen, welche dieser Arbeit zugrunde liegen, sind aus dieser Sicht als repräsentativer zu betrachten: Zum Zwecke der Datengewinnung wurden drei verschiedene Quellentypen aus dem Staatsarchiv Bern ausgewertet, bei denen es sich um behördliche Ausschreibungen straffällig gewordener Personen, so genannte Signalemente, handelt. Diese Steckbriefe umfassen einen Zeitraum von nicht ganz 100 Jahren und stammen sowohl aus dem 18. als auch aus dem 19. Jahrhundert.

 

Die Auswertung ergab, dass der grösste Teil der Delinquenten aus dem Schweizer Mittelland, vorwiegend aus dem Kanton Bern, stammte. Die mit Abstand häufigsten Vergehen konnten der Kategorie der Eigentumsdelikte zugeordnet werden. Zudem wurden in den Signalementen grösstenteils Männer ausgeschrieben, der Frauenanteil lag dabei unter zehn Prozent. Die Grössendurchschnitte der Frauen wurden trotz der quantitativ schwachen Datenlage und der Vollständigkeit halber dennoch berechnet und dienten in erster Linie einem Trendvergleich bezüglich der Männergrössen. Der durchschnittliche Grössenverlauf der Frauen lag über den untersuchten Zeitraum betrachtet jeweils gut zehn Zentimeter unter dem Durchschnitt der Männer.

 

Der Körpergrössenverlauf der Männer war indes zwischen den Geburtsjahrgängen von 1750 bis Anfang der 1770er Jahre, entgegen dem europäischen Trend, stark ansteigend. Danach erfolgte eine Zeit der Stagnation der Grössendurchschnitte auf dem Niveau von 170 Zentimetern, bis schliesslich bei den Jahrgängen gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein leichter Abwärtstrend festzustellen war. Die Schwankungen und Trends der untersuchten Zeitspanne lassen sich durch die Hungerkrisen von 1770/71 und 1816/17 erklären, die sich jedoch unterschiedlich stark bemerkbar machten.

 

Um Aussagen über den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Körpergrösse machen zu können, musste der gesamte Zeitraum von der Geburt an bis zum Abschluss der Wachstumsgenetische, eine Rolle gespielt haben könnten.

 

 

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