In den Jahren 1815 und 1831 befürchteten eidgenössische Offiziere einen Angriff aus Frankreich. Die Aare, weit im Landesinnern gelegen, hätte sodann als natürliches Hindernis gegen Westen gedient.
Dem Aareübergang bei Aarberg kam dabei überregionale Bedeutung zu. Hier vereinigten sich die Strassen aus Murten, Neuenburg und Biel. Dies waren alles Strassen, über welche die möglichen Einfallsachsen bei einem potentiellen Angriff aus Frankreich führten. 1815 wurde unmittelbar westlich der Holzbrücke von Aarberg ein Brückenkopf in Form einer Schanze errichtet. 1831 wurde das Vorfeld der Aarberger Holzbrücke mit drei weiteren Schanzen erweitert.
Die bei Aarberg 1815-1831 erbauten Schanzen waren simple Feldbefestigungen. Das ausgehobene Erdmaterial des Grabens wurde dahinter zu einem Wall aufgeschüttet. Hinter dessen schützender Brustwehr hätte die Besatzung mit Gewehren und Kanonen in Richtung Feind feuern können.
Die Schanzanlagen von Aarberg gehören zu den ersten Befestigungsanlagen, welche die Eidgenossenschaft finanzierte. Vorher wurden Befestigungsbauten durch die Kantone und Städte finanziert.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verloren der Raum Aarberg und die dortigen Feldbefestigungen an Bedeutung. Im Bereich der Waffentechnik machte die Artillerie Fortschritte. Einfache Erdschanzen wie bei Aarberg boten gegen die neu entwickelten Geschosse nur noch bedingt Schutz. Auch die erste Juragewässerkorrektion hatte Einfluss auf die Region Aarberg. Ein Stoss französischer Truppen von der Ajoie in Richtung Biel hätte seit dem Bau des Hagneckkanals hinter die Aare geführt. Der Aareübergang verlor so einen Teil seiner Bedeutung. Seit der Seespiegelsenkung in den 1870er Jahren war zudem das Grosse Moos westlich von Aarberg, welches vorher eine Art Sperrfunktion innehatte, leichter passierbar geworden.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde durch die schweizerische Armeeführung der Bau der „Forti fikation Murten“ befohlen. Auf der Linie Zihlkanal – Vuilly – Murten – Laupen sollten zahlreiche Feldbefestigungsanlagen entstehen. Die Verteidigungslinie hatte die Aufgabe Bern gegen Westen vor Angriffen über die Zihl und aus dem Kanton Waadt zu schützen. Die schweizerische Armeeführung befürchtete hauptsächlich einen französischen Umfassungsangriff durch die Schweiz in Richtung der unbefestigten deutschen Südgrenze. 1914-1918 entstanden im Untersuchungsraum Infanterie-Stützpunkte, dies waren von Hindernissen umgebene Schützengrabensysteme in Halbmondform; Artilleriegeschütz-Batterien; Beton-Bunker für Maschinengewehre oder für Geschütze; unterirdische Mannschaftsunterkünfte und Munitionslager; sowie in Fels gehauene Infanteriekampfstände mit Stollenanlagen.
Der Bau der Fortifikation Murten dürfte mehrere Millionen damaliger Franken, wohl im einstelligen Bereich bleibend, gekostet haben. Wobei eine Million Franken 1916/191 etwa 22-26 Millionen Franken des Jahres 2000 entsprechen.
Der Linienverlauf der „Fortifikation Murten“ und die Sprachgrenze zwischen der Deutschund Welschschweiz waren identisch. Primär eignete sich das Gelände zwischen Zihl und Sense ideal, um mittels einer Sperrstellung einen Angriff aus Frankreich abzuwehren. Es erstaunt, dass die Fortifikation auf der Sprachgrenze lag. Ein Zusammenhang zwischen der Sprachgrenze und der Linienführung der Fortifikation Murten lässt sich mit den in der Arbeit verwendeten Quellen jedoch nicht klar belegen.
Im ersten Halbjahr 1917 dehnten Generalstabsoffiziere die Landesbefestigungspläne aus. Die „Fortifikation Murten“ sollte in die „Vordere Linie“ integriert werden. Eine Verteidigungslinie vom Thunersee bis in die Ajoie wurde geplant. Am Jurasüdfuss, oberhalb des Bielersees, entstanden in diesem Zusammenhang einige Feldbefestigungen. Nach Kriegsende liquidierte die Armee die Fortifikation Murten und die Feldbefestigungen der „Vorderen Linie“. Werke auf Kulturland wurden zugedeckt und aufgelöst, Stellungen im Wald wurden geräumt und der Natur überlassen. In Waldgebieten sind viele Bunker, Unterstände und Stollen bis zum heutigen Tag erhalten geblieben.
Nach der Einleitung mit Fragestellung, Quellenlage und Forschungsstand wird in dieser MA-Arbeit der Kontext des Themas Landesbefestigung, etwa Begrifflichkeiten zum Thema Befestigungen erläutert. Es folgen Kapitel zur Militärgeographie des Untersuchungsraumes, zu den Befestigungen bei Aarberg im 19. Jh., zur „Fortifikation Murten“ und zur „Vorderen Linie“. Diese MA-Arbeit geht hauptsächlich der Frage nach, wie der Untersuchungsraum gegen einen allfälligen Angriff aus Westen (Frankreich) in der Zeit 1815-1918 befestigt wurde und welche Kosten dabei anfielen. Im Kapitel zur „Fortifikation Murten“ werden auch die Themengebiete Sprachgraben, Soldatenalltag und der Einfluss der „Fortifikation Murten“ auf die Zivilbevölkerung genauer untersucht. Abschliessend findet sich in der MA-Arbeit ein Inventar mit Karten, welches alle gebauten Anlagen auflistet. Mit den Karten lassen sich die noch vorhanden Werke im Gelände auffinden.
Wenn durch des Juras Pforten der Feind in Massen dringt. Die Landesbefestigungen gegen Westen im Seeland, Murtenbiet und am angrenzenden Jurasüdfuss 1815-1918.
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christoph Maria
Merki
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2007/2008
Abstract