Von Hankou nach Moskau. Die Dominanz der russischen Teehändler im chinesisch-russischen Teehandel und die Veränderungen der Teerouten

AutorIn Name
Manuel
Jann
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christof
Dejung
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2020/2021
Abstract
Tee ist neben Wasser das am häufigsten konsumierte Getränk der Welt. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts gewann Tee als Handelsgut schrittweise an Bedeutung. Spätestens im 19. Jahrhundert hatte Tee einen hohen Anteil an den Handelsbeziehungen im asiatischen Raum. Dabei ist vor allem der britische Teehandel gut dokumentiert und erforscht. Dies, obwohl andere Länder und Regionen über viele Jahrzehnte einen ebenso bedeutenden Anteil am gesamten Teehandel abdeckten. Die Arbeit will einen Beitrag dazu leisten, diese verzerrte Dokumentation zu korrigieren. Sie behandelt die Handelsbeziehungen zwischen Russland und China und setzt den Fokus auf den Teehandel im 19. Jahrhundert. Es wir die Frage erörtert, weshalb russische Händler den chinesisch-russischen Teehandel über 50 Jahre dominieren konnten und nach der Oktoberrevolution 1917 abrupt verschwanden. Dies mit dem Ziel, folgende These zu überprüfen: Die russischen Teehändler konnten sich nur aufgrund der fehlenden europäischen Konkurrenz im chinesischen Teeexport von Ziegeltee etablieren und diesen über 50 Jahre lang dominieren. Um diese These stützen oder entkräften zu können, werden Ursachen und Auswirkungen der Veränderungen der Handelsrouten unter Beleuchtung innen- und aussenpolitischer Faktoren sowie anhand von Analysen der Infrastruktur, der Transportwege und Transportarten beleuchtet. Die Quellenlage ist eher ungünstig, da der Zugang zu chinesischen und russischen Quellen relativ schwierig ist und nur selten qualitative Übersetzungen vorliegen. Mit Hilfe von Nodegoat wird durch das Zusammentragen von Routen aus der Sekundärliteratur eine visuelle Darstellung des sich über die Zeit verändernden Warenstroms chinesischen Tees nach Russland erstellt. Politisch war der Handel im 19. Jahrhundert in Russland vor allem durch Zolltarifänderungen und gegen Ende des Jahrhunderts durch die Abschaffung des Feudalismus geprägt. Auf chinesischer Seite setzte man auf Expansion, was jedoch zu starken inneren Spannungen und Aufständen führte. Beide Länder sahen sich gezwungen, sich zunehmend mit dem europäischen Einfluss auseinanderzusetzen. Während Russland sich um eine zunehmende Vernetzung mit Europa bemühte, schottete sich China zunächst ab, um sich dann unter militärischem Druck dennoch stärker in die Weltwirtschaft zu integrieren. Die Handelsbeziehungen zwischen Russland und China wurden über mehrere Jahrzehnte in der Form von Verträgen geregelt, beginnend 1689 mit dem Vertrag von Nerchinsk, welcher Grenzzusammenstösse regelte und Krieg als Konfliktlösung ausschloss. Damit wurden offiziell Handelsrouten definiert, welche die Voraussetzungen der beiden Länder, um Handel zu betreiben, signifikant beeinflussten. Wie bei den meisten Handelswaren beeinflusste auch beim Tee die Nachfrage entscheidend wie viele Ressourcen aufgewendet wurden, um das Produkt zu vertreiben. Besonders ab der Mitte des 18. Jahrhunderts nahm der Konsum von Tee im asiatischen und europäischen Russland stark zu. Die Analyse zeigt auf, dass sich der russisch-chinesische Handel über vier Handelsrouten entwickelte, welche von 1689 bis Anfang des 20. Jahrhunderts zeitlich verschoben etabliert wurden. Jede neu erschlossene und vertraglich geregelte Route führte zu einer Verkürzung der Reisedauer. Waren es zu Beginn noch 15 Monate über Wasser- und Landstrecken, dauerte der Transport zuletzt dank der Transsibirischen Eisenbahn nur noch einen Monat. Über die gesamte Entwicklungszeit dieser Routen zeigt sich, dass entgegen der oben vorgestellten These die europäische Konkurrenz gegenüber Russland in verschiedenen Phasen stark ausgeprägt war. Trotz dieses Drucks waren die russischen Händler in der Lage, den Teehandel aufrechtzuerhalten, auszuweiten und ihn zeitweise sogar zu dominieren. Entscheidende Faktoren für diese starke Stellung waren die gute Kenntnis der chinesischen Sprache, eine zeitweise politisch erwirkte Monopolstellung im Teehandel, technologischer Fortschritt in der Verarbeitung des Tees und gute Beziehungen zu China, was Russland im Vergleich zu Handelsnationen wie Grossbritannien einen Vorteil verschaffte.

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