Verwaltungshandeln im Bereich Schule in der Helvetik (1798-1803). Die Korrespondenz zwischen der Helvetischen Exekutive und den thurgauischen Behörden

AutorIn Name
Simone
Gerber
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Heinrich Richard
Schmidt
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2010/2011
Abstract
Die Gründung der Helvetischen Republik im April 1798 brachte zahlreiche Neuerungen mit sich. So wurden unter anderem die Untertanenverhältnisse abgeschafft, ein fortschrittlicheres Steuersystem eingeführt und es etablierte sich ein neues Menschenund Bildungsideal: Die neu gebildete Regierung startete eine Schulund Bildungsoffensive, welche die Schulbildung für alle Stände vorsah, die Schulpflicht einführen, das Angebot an Volksschulen vergrössern und die Qualität des Unterrichtes verbessern sollte. Mit Hilfe von Korrespondenzen zwischen den Helvetischen Behörden und den Instanzen im Kanton Thurgau soll ein Bild darüber gezeichnet werden, wer in der Helvetik den Staat, die kantonalen und die lokalen Instanzen repräsentierte und welchen Einfluss die Repräsentanten auf das Erziehungswesen hatten. Dabei stellt sich die Frage, welche Instanzen (zentral, kantonal oder lokal) die Schule prägten. Zudem wird nach der Rolle der Geistlichen im Schulwesen gefragt. Die Briefwechsel bilden ein aussergewöhnliches und erstaunlicherweise bis heute kaum genutztes Quellenkorpus zur Erforschung der Schulverwaltung in der Helvetik. Die Positionen der einzelnen Akteure zur Schule können erschlossen werden und eine Beschreibung der Zuständigkeiten und der Interaktionen der einzelnen Instanzen ist möglich. Die Quelle positioniert sich in einer spannenden, von Gegensätzen, Aufbruch, Umbruch und Niedergang bestimmten Epoche. Daher können auch Elemente dynamisierender und kontinuierlicher Entwicklungen entdeckt werden. Die Arbeit gliedert sich in drei Teile, wobei der erste den kontextuellen Rahmen und die beiden anderen die empirischen Teile darstellen. Der zweite Teil präsentiert eine inhaltliche Auswertung der Korrespondenzen, in welchem die Akteure genannt werden, nach den Schwierigkeiten in der Schulverwaltung gefragt wird, Kontinuitäten und Diskontinuitäten im Verwaltungsapparat und hinsichtlich den Innovationen im Vergleich zum Ancien Régime aufgezeigt werden und eine Analyse der Eigenständigkeit der kantonalen und lokalen Ebene bezüglich des Schulwesens gemacht wird. Der dritte Teil behandelt den Schreibstil der Briefe, untersucht anhand der Bittschriften. Dabei stellen sich Fragen wie: Inwiefern wurde die Sprache bewusst verwendet, wie wurde argumentiert und wurden gewisse Schreibtechniken aus dem Ancien Régime übernommen? Die Helvetischen Instanzen hatten hinsichtlich des Erziehungswesens mit etlichen Problemen zu kämpfen. Zum einen mit der schlechten Finanzlage, die durch die drückenden Lasten der Besatzungsmacht mit verursacht war, mit der überlasteten Verwaltung und nicht zuletzt mit der Kluft zwischen der idealen Vorstellung über den Menschen und der Realität. Diese Probleme waren trotz übernommenen und bewährten Strukturen aus dem Ancien Régime nicht zu bewältigen. So blieben auf der Ebene der Helvetischen Republik viele Projekte zur verbesserten Schulbildung aufgrund der genannten Schwierigkeiten weitgehend unverwirklicht. Die Ergebnisse der Quellenauswertung führen zur Schlussfolgerung, dass im Helvetischen Schulsystem von einem systemischen Zusammenhang zu sprechen ist, in dem weder Kirchen noch Kanton noch Gemeinden noch Staat ein Schulmonopol besassen. Die Wirkungsfelder von Staat, Kanton, Kirche und Gemeinde können nur schwierig voneinander abgegrenzt werden, vielmehr macht es Sinn, von Schnittmengen zu sprechen. In der Schnittmenge finden sich die von den vier Akteuren gemeinsam anerkannten und verfolgten Bildungsziele und -inhalte. Die Untersuchungen zum Schreibstil ergeben, dass in den Bittschriften bewusst mit der Sprache gearbeitet wurde und die Petitionen deshalb so formuliert waren, dass sie auf den Entscheidungsträger möglichst überzeugend wirkten. Für die Kontinuität in den Petitionen spricht die durchgehende Verwendung der Bittschriften als Kommunikationsmittel. Für Diskontinuität jedoch spricht der veränderte Ton in den Bittschriften. Während dieser im Ancien Régime noch sehr unterwürfig klang, war die Helvetische Republik von einem frischeren und selbstbewussteren Ton gekennzeichnet.

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