Ordenshistoriographie im 14. und 15. Jahrhundert. Selbstdarstellung und Kritik: Die „Chronica Terrae Prussiae“ Peters von Dusburg und die „Cronike des Landes von Pruszin“

AutorIn Name
Antonia
Durrer
Academic writing genre
Licenciate thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Rainer C.
Schwinges
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2006/2007
Abstract

In Zentrum der Lizentiatsarbeit steht der Vergleich zweier Chroniken, die beide der Historiographie des Deutschen Ritterordens in Preussen zuzuschreiben sind, zum einen die „Chronica Terrae Prussiae“, die „Chronik des Preussenlandes“, deren Verfasser ein Ordensgeistlicher namens Peter von Dusburg war (1326), zum anderen die „Cronike des Landes von Pruszin“, die um 1400 in der Umgebung des pomesanischen Bischofs geschrieben wurde. Die Verfasserschaft der zweiten Chronik lässt sich nicht eindeutig zuweisen. Nach einer Zusammenfassung der Werke, des Lebens ihrer Verfasser und ihren Quellen werden einzelne Kernaspekte innerhalb der beiden Chroniken miteinander verglichen, unter anderem die Darstellung der Hochmeister, Landmeister, Grossgebietiger und Komture, die Gegner des Ordens, die Kampfhandlungen, die politischen Abläufe und die Darstellung der wirtschaftlichen Begebenheiten im Ordensland.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass beide Chronisten Partei für den Orden ergreifen, der erste durchgehend, der zweite vereinzelt. Peter von Dusburg argumentiert noch ordensnah und dualistisch je nachdem, ob etwas gut oder schlecht, nützlich oder schädlich für den Deutschen Orden ist. Wenn es den Interessen des Landes nützt, lobt auch der jüngere Verfasser den Landesherrn, doch Personen werden differenzierter beurteilt, Mitglieder des Ordens werden nicht automatisch gelobt und Gegner kritisiert und als Söhne Satans bezeichnet. Beide Chronisten sind ihrem Umfeld verhaftet. So schreibt der spätere Chronist über politische Abläufe in Preussen und in Europa, er zeigt Interesse an repräsentativen, diplomatischen und gesetzgebenden Aufgaben im Land. Peter von Dusburgs Welt ist der Deutsche Orden, der gegen die heidnischen Prussen kämpft. Geschichtsschreibung lässt sich nicht einteilen in Werke, die von Mitgliedern des Ordens (ordensinterne Geschichtsschreibung) und von Nicht-Mitgliedern (ordensferne Geschichtsschreibung) verfasst werden, solche Gattungseinteilungen sind zu theoretisch. Jeder Chronist, der zu Zeiten der Ordensherrschaft in Preussen Geschichte geschrieben hat, ist vom Deutschen Orden geprägt. Die spätere Chronik ist deshalb weder ein Werk der offiziösen, noch der ordensfremden Historiographie, sondern ein Konglomerat dieser beiden Positionen. Beide Chroniken sind Werke der Ordensgeschichtsschreibung, betrachten aber die Geschichte von zwei verschiedenen Perspektiven aus. Der erste Chronist befindet sich in einem Deutschordenskonvent, der zweite Chronist, ein juristisch gebildeter Offizial, im pomesanischen Bistum, in Marienwerder und Riesenburg, aber trotzdem vom Deutschen Orden beeinflusst. Entscheidend ist, dass der Verfasser der zweiten Chronik nicht wie Peter von Dusburg eine Geschichte des Deutschen Ordens in Preussen schreiben will, sondern eine Geschichte des Landes Preussen. Bei Peter von Dusburg ist der Deutsche Orden im Zentrum, beim jüngeren Verfasser Preussen selbst, und damit ist der Deutsche Orden als Landesherr automatisch mit einbezogen. Peter von Dusburgs Chronik ist eine Selbstdarstellung des Ordens, er schreibt für die Institution, der er angehört, für den Deutschen Orden, in dessen Auftrag die Chronik wahrscheinlich auch geschrieben worden ist. Es ist klar, dass der Auftraggeber die Chronik direkt und indirekt beeinflusst. Die Chronik ist eine Gut-Böse-Wertung der Gegner und der Mitglieder des Ordens, eine Positiv-Negativ-Bilanz der Leistungen der Ordensmitglieder. Die zweite Chronik hingegen ist ein Konglomerat offiziöser und externer Geschichtsschreibung. Es findet sich keine durchgehende Kritik am Deutschen Orden, der Chronist lebt mit dem Orden als dominierenden Faktor seiner Umwelt. Der Deutsche Orden ist immer Teil der Welt der Chronisten, ob er diese Welt nun kritisiert oder glorifiziert. Es interessieren nicht mehr nur Kampfhandlungen, sondern die Entwicklung des Landes, die Gesetze, Gewerbe, Handel und Verkehr. Die „Cronike des Landes von Pruszin“ ist aufgrund dieser Zwitterstellung zwischen ordensfremder und offiziöser Geschichtsschreibung objektiver und differenzierter als die Chronik Peters von Dusburg. Diesem fehlt die innere Distanz zum Deutschen Orden.

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