Von Normbrüchen, Topoi und Männerphantasien. Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit in den Elegien von Ovid und Tibull

AutorIn Name
Sabrina
Bührer
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Dr.
Seraina
Ruprecht
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2022/2023
Abstract

Die Geschlechtervorstellungen, die in den römischen Liebeselgien auftauchen, sind Gegenstand intensiver literaturwissenschaftlicher und historischer Forschung. Existierende Studien fokussieren sich häufig auf die Feststellung, dass die elegischen Figuren das geltende normative Geschlechterbild der römischen Elite auf den Kopf stellen. Besonders, da diese erotischen Liebesgedichte fast zeitgleich mit den moralisierenden Ehe- und Sittengesetzen des Augustus entstanden. Basierend auf dieser Annahme werden Theorien erstellt, wie diese Umdrehung zu interpretieren sei. Doch die widersprüchliche und komplexe Natur der weiblichen und männlichen Figuren der römischen Liebeselegie wird meistens nur kurz erwähnt und in extremen Fällen sogar ignoriert. Aus diesen Gründen befasst sich diese Masterarbeit mit der Frage, wie die Geschlechtervorstellungen innerhalb der römischen Liebeselegien, mitsamt ihren Wiedersprüchen, konstruiert werden. Als Grundlage für diese Untersuchung dienen drei Texte: die Elegien von Tibull sowie die Ars Amatoria und die Amores von Ovid. Die Arbeit ist in zwei Hauptteile gegliedert: Männlichkeit und Weiblichkeit. In diesen Kapiteln werden neben den gängigen elegischen Topoi auch Aspekte zur Konstruktion der Körper sowie der männlichen und weiblichen Sexualität untersucht.

 

Die Untersuchung zeigt, dass die beiden Autoren eine ambivalente und sich wandelnde narrative Performanz weiblicher und männlicher Figuren konstruierten, die den Normen sowohl entgegenwirkte wie auch entsprach. Dabei entstand nicht eine „elegische Männlichkeit“ oder „elegische Weiblichkeit“, sondern ein Spektrum an Verhaltensformen, die situationsbedingt ausgewählt wurden. Das Spiel der elegischen Liebe war ebenfalls ein Spiel mit den Geschlechtervorstellungen. Bestehende literarische Topoi wurden genauso spielerisch verwendet wie die moralisierende Sprache der Zeit. Dabei wurde ein satirisches Bild des vermeintlich existierenden Status Quo erstellt. Dieses Bild kristallisiert sich aus den untersuchten Aspekten heraus.

Das Spiel mit den Geschlechternormen dürfte nicht nur in den Elegien stattgefunden haben, sondern muss in eine aussertextuelle Realität platziert werden. So beweisen die Elegien, dass zumindest ein Teil der römischen Elite diese Spiele mit den Geschlechternormen tätigte. Die Elegien waren Männerphantasien, die mithilfe geschickt verwendeter Topoi stellenweise mit den normativen Geschlechtervorstellungen brachen. Wie sehr diese Spiele von der fiktiven in die reale Welt überflossen, ist schwer zu sagen.

Access to the work

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