Die Nacht der Freiheit. Mensch, Imagination und Wahnsinn in Michel Foucaults 'Frühwerk'.

AutorIn Name
Maurice
Erb
Academic writing genre
PhD thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Philippe
Sarasin
Institution
Neuzeit
Place
Zürich
Year
2014/2015
Abstract
Das Dissertationsprojekt untersucht mit dem "Frühwerk" Michel Foucaults jene Texte aus Foucaults frühester Schaffensphase (bis 1962), die sich chronologisch und thematisch um Histoire de la folie herum gruppieren lassen. Die Untersuchung stützt sich unter anderem auf unpublizierte und noch wenig bis kaum bekannte Texte aus diesem Korpus. Mit dieser erweiterten Quellenbasis wird es möglich, das "Frühwerk" nicht nur – wie allgemein bekannt - als Abrechnung mit den Paradigmen des Humanismus und der Psychologie, sondern auch und vor allem als kritische Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse, und das heisst mit Jacques Lacan, zu lesen. Diese These widerspricht der gängigen Interpretation, die Foucault oft im gleichen Atemzug mit Lacan als Pionier jenes "Strukturalismus" nennt, der in Frankreich Mitte der fünfziger Jahre die Vorherrschaft des Hegelmarxismus und der Phänomenologie beendete. Zwar wird meist konzediert, dass Foucault bereits in Histoire de la folie einen eigentümlichen, von Nietzsches genealogischem Denken beeinflussten methodischen Ansatz vertrat; dennoch gilt Foucaults berühmte Habilitationschrift gemeinhin als eindeutiger Beleg für den strukturalistisch inspirierten Bruch mit dem marxistischen respektive existenzialistischen Standpunkt seiner frühesten und scheinbar unbedeutenden Publikationen. Mit Hilfe der unpublizierten Quellen soll nachgewiesen werden, dass Foucault in Histore de la folie die in einem seiner frühesten Texte gegen Lacan entwickelte Position konsequent weiter verfolgte und unter dem Einfluss seiner Nietzsche-Rezeption vertiefte. Die Opposition zu Lacan lässt sich auch als implizites Leitmotiv des kurz nach Histoire de la folie verfassten Kommentars zur Pragmatischen Anthropologie Kants ausmachen. Hier scheint Foucault das Widerständige seiner bisherigen Haltung zugunsten einer originellen, sowohl Kant wie auch Nietzsche bemühenden Konzeption des Verhältnisses von Sprache, Wahrheit und Freiheit aufzugeben, die aber nach wie vor deutlich mit Lacans Ansatz kontrastiert. Durch die Erforschung des „Frühwerks“ soll nicht nur generell ein neues Licht auf Foucaults Anfänge – zu denen längst noch nicht alles gesagt zu sein scheint – geworfen, sondern vor allem der foucaultsche Diskursbegriff in Differenz zu seinem lacanschen Pendant analysiert und genauer bestimmt werden. Dies geschieht im Hinblick sowohl auf Foucaults spätere Theoriebildung als auch auf die zentrale Bedeutung des Diskursbegriffs für die modernen Sozial- und Kulturwissenschaften im Allgemeinen und für die Geschichte des Wissens im Besonderen.

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