Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof. Dr.
Christian
Rohr
Institution
Historisches Institut, Universität Bern
Place
Bern
Year
2013/2014
Abstract
Die Arbeit wurde publiziert: Nordhausen, Verlag Traugott Bautz 2015
(Berner Forschungen zur Regionalgeschichte 18)
Von der These ausgehend, dass die Idee der „guten“ Waldwirtschaft keine überzeitliche Konstante ist, sondern einerseits durch den räumlichen, sozialen und zeitlichen Kontext bestimmt wird, andererseits von den an den Wald gestellten Nutzungsansprüchen abhängt, liegt das Ziel dieser Arbeit darin, am Beispiel des Gantrischgebietes sowohl Momente der Veränderungen als auch darunterliegende Kontinuitäten im Zeitraum zwischen 1848 und 1997 zu identifizieren. Der Untersuchungszeitraum der Arbeit setzt dabei an einem Zeitpunkt an, in dem die Forstwirtschaft durch Verwissenschaftlichung und Professionalisierung im Wandel begriffen war, und erstreckt sich bis zum kantonalen Forstgesetz von 1997. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der regionalen Ebene, wobei die Untersuchung auf lokaler Ebene den Einbezug der Entwicklungstendenzen auf den übergeordneten Ebenen des Kantons und des Bundes erfordert. Auf der regionalen Ebene dieser diskursanalytisch angelegten Studie bilden die Wirtschaftpläne der Staatswaldungen sowie der Burgerwaldungen Guggisberg, Rüschegg und Wattenwil den Hauptquellenkorpus, wohingegen sich die Analyse auf kantonaler und eidgenössischer Ebene primär auf eine systematische Unter- suchung der Gesetzestexte und Verordnungen stützt. Die Arbeit ist chronologisch aufgebaut, wobei jeweils zu Beginn der Kapitel die Entwicklungen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene präsentiert werden.
Die Phase zwischen 1848 und 1924 kann als Periode der Durchsetzung der staatlichen Diskurshoheit in Forstfragen einerseits sowie der politischen Durchsetzung des Abholzungsparadigma andererseits bezeichnet werden. Kennzeichnend für diese Periode sind die Nutzungseinschränkungen mit dem Verweis auf die Sicherstellung eines nachhaltigen Ertrages im Sinne des Naturhaushaltes sowie die gesetzliche Verankerung der dichotomen Nutz- und Schutzwaldkonzeption.
Diese Sichtweise blieb grundsätzlich auch während der zweiten Phase – der Zwischenkriegszeit – bestehen. So prägten allgemeine finanzpolitische Überlegungen die Sparmassnahmen in der Subventionspolitik des Bundes und des Kantons. Auf lokaler Ebene wurde die Zweiteilung dahingegen aufgeweicht, indem innerhalb der Schutzwaldungen zwischen Wirtschaftswäldern und Aufforstungsgebieten unterschieden wurde.
Die Aufgabe der auf das Ansparen eines Holzvorrates ausgelegten Nachhaltigkeitsdefinition zu Gunsten einer funktionsorientierten Nachhaltigkeit, die Erweiterung der Schutzwalddefinition sowie die gesetzliche Verankerung der Wohlfahrtsfunktion zeichneten die Phase zwischen 1945 und 1973 aus. Die Analyse auf regionaler Ebene zeigt zudem das Nebeneinander neuer und alter Konzeptionen, was auf den transitorischen Charakter dieser Phase hinweist.
In Form des naturnahen Waldbaues vollzog sich zwischen 1960 und 1997 ein Paradigmenwechsel in der Forstpolitik des Bundes und des Kantons Bern. Anstelle der Nutzungseinschränkungen trat nun die Sicherstellung einer minimalen Pflege des Waldes. Durch diesen Paradigmenwechsel erfolgte auch ein Instrumentariumswechsel in der Subventionspolitik des Bundes und des Kantons Bern, welcher sich auf die Bewirtschaftung und insbesondere auf die Auffors- tungstätigkeit im Untersuchungsgebiet auswirkte.
Die Arbeit zeigt jedoch auch, dass unabhängig von forstpolitischen Paradigmen Problemfel- der bestehen, welche bis heute nicht gelöst scheinen. Genannt seien hier die Wildfrage oder die Frage nach der finanziellen Abgeltung der Wohlfahrtsfunktion des Waldes. Ebenfalls gibt diese Untersuchung Hinweise auf einen bestehenden Zusammenhang zwischen dem Entstehen einer umweltbewussten Zivilgesellschaft und dem obengenannten Paradigmenwechsel. Diesen Indizien müsste jedoch in einer weiteren Studie nachgegangen werden.