Lila ist die Farbe des Regenbogens, Schwestern, die Farbe der Befreiung ist rot. Die Homosexuellen Arbeitsgruppen der Schweiz (HACH) 1974-1995.

AutorIn Name
Beat
Gerber
Academic writing genre
Licenciate thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Brigitte
Studer
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
1997/1998
Abstract

In den letzten Jahren traten die Organisationen von Lesben und Schwulen vermehrt mit konkreten Vorschlägen zu Gesetzesrevisionen hervor und nahmen aktiv am politischen Prozess teil. Namentlich die Petition für gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare, welche mit mehr als 80'000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht wurde, sorgte in einer breiteren Öffentlichkeit für Diskussionen. Dabei geht oft vergessen, dass die neuere Homosexuellenbewegung noch keine 30 Jahre alt ist und an einem ganz anderen Ort gestartet ist, als sie sich heute befindet.

 

Bei der Arbeit handelt es sich um eine von politikwissenschaftlichen Ansätzen und Fragestellungen geleiteten Untersuchung zu den Homosexuellen Arbeitsgruppen der Schweiz (HACH) zwischen ihrer Gründung 1974 und ihrer Auflösung 1995. Dabei wird der Arbeitshypothese nachgegangen, ob sich die HACH von einer systemkritischen Emanzipationsbewegung Mitte der 70er Jahre zu einer gruppenspezifische Interessen verfolgenden Pressure-group zu Beginn der 90er Jahre gewandelt haben.

 

Anfang der 70er Jahre entstanden im Zuge der 68er Bewegungen in verschiedenen Städten Homosexuelle Arbeitsgruppen, in welchen sich vorwiegend männliche Homosexuelle organisierten. Dabei handelte es sich um eine neue Generation von Homosexuellen, welche sich explizit als „schwul" bezeichnete und sich so auch verbal von den Mitgliedern der Vorgängerorganisationen, welche sich als ,,Homophile" verstanden, abgrenzten. Die HACH wurden 1974 als Dachorganisation der lokalen Arbeitsgruppen gebildet. Von Beginn weg setzten sich die HACH kritisch mit der Gesellschaft auseinander. Die Unterdrückung der Sexualität im allgemeinen und der Homosexualität im besonderen wurden auf das auf Leistung ausgerichtete kapitalistische System und die patriarchischen Strukturen in Staat und Familie zurückgeführt. Aus diesen Analysen resultierten die Forderungen nach Abschaffung der Privilegien der Ehe und der Familie. Entsprechend waren auch die Aktionen der HACH ausgerichtet. An einer Demonstration wurde beispielsweise die Familie symbolisch in einem Sarg zu Grabe getragen respektive im Vierwaldstätter See versenkt.

 

In den der 80er Jahre lassen sich aber bereits Anzeichen für einen Umschwung von einem eher utopisch ausgerichteten zu einem mehr pragmatisch orientierten Vorgehen konstatieren. Zunehmend nahmen die HACH am politischen Diskurs teil. Namentlich erwähnt sei hier der langjährige Einsatz für eine Revision des Sexualstrafrechts, welcher erst nach einem Referendumskampf 1992 erfolgreich abgeschlossen werden konnte. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde der Schwerpunkt der politischen Stossrichtung zunehmend auf das Erlangen gleicher Rechte gelegt. Die Systemkritik trat in den Hintergrund. In Bezug auf die Familie und die Ehe hiess dies, dass nicht mehr die Abschaffung der Privilegien, sondern vielmehr die Teilhabe an eben diesen Privilegen gefordert wurde.

 

Die Mitarbeit an Vernehmlassungen und die Zusammenarbeit mit Abstimmungskomitees, bürgerlichen Politikern und Parteien erforderten ein differenzierteres und professionelleres Arbeiten. Die dezentralen und flachen Strukturen der HACH, welche seit der Gründung bemerkenswert konstant geblieben waren, konnten den Anforderung nicht mehr genügen. Die Folge war die Auflösung der HACH 1995 zu Gunsten des nationalen Schwulenbüros Pink Cross.

 

Wie in der Arbeit gezeigt wird, kann jedoch bis zum Ende der HACH nicht davon gesprochen werden, dass die Organisation den Schritt zu einer reinen Pressure-group, die grundsätzlich das System und die Spielregeln des politischen Prozesses anerkennt, ganz vollzogen hat. Bis in die 90er Jahre behielten sie - wie bereits oben gesagt - ihre flache Organisationsstruktur und den jährlichen Wechsel des Vorsitzes bei. Die systemkritischen Ansätze und Analysen in den internen Diskussionen behielten zudem bis zuletzt einen zentralen Stellenwert. Beispiele dafür sind etwa 1988 der Besuch eines Berner Regierungsrates am nationalen Schwulencamp, welcher zu massiven Spannungen zwischen den Organisatoren führte oder auch das 1992 gestellte Beitrittsgesuchs einer Pädophilenorganisation, welches innerhalb den HACH zu einer grossen Diskussion über Solidarität mit anderen Minderheiten versus Eigeninteressen führte.

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