Ermächtigte Frauen - optimierter Betrieb? Die betriebliche Frauenförderung der Fachstelle für Frauenfragen der Stadtverwaltung Zürich 1987-2000

AutorIn Name
Sarah
Probst
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Brigitte
Studer
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2018/2019
Abstract
Gleichstellungsstellen waren eine wichtige Triebkraft für die Institutionalisierung feministischer Forderungen, gleichzeitig war dieses Phänomen innerhalb der Schweizer Frauenbewegung nicht unumstritten. Am Beispiel der 1987 entstandenen Fachstelle für Frauenfragen (FFF) der Zürcher Stadtverwaltung, der ersten kommunalen Gleichstellungsstelle in der Schweiz, thematisiert die Masterarbeit die betriebliche Frauenförderung. Die Arbeit fokussiert einerseits auf Transformationsprozesse feministischer Anliegen im Zuge der Institutionalisierung und andererseits darauf, wie die Vorstösse zur Besserstellung von Frauen in der Arbeitswelt mit einem unternehmerischen Optimierungsstreben der Arbeitgeberin Stadt Zürich korrespondierten. Der umfangreiche Bestand der FFF im Zürcher Stadtarchiv bildet den Ausgangspunkt für die Quellenarbeit. Aufgrund der nahezu ganz ausstehenden historischen Forschung zu Frauen als Akteurinnen wie als Objekte der Gleichstellungsarbeit wählt die Arbeit eine frauengeschichtliche Perspektive im Sinne einer «aufarbeitenden Geschichte» und verweist neueren theoretischen Ansätzen aus der Geschlechtergeschichte folgend gleichzeitig darauf, wie Geschlecht durch die Arbeit der FFF gleichsam (mit) konstruiert wurde. Bereits bei der Gründung der FFF waren unterschiedliche feministische Akteurinnen beteiligt, wie der erste Teil der Arbeit aufzeigt. Die Fachstelle stand Zeit ihres Bestehens in engem Austausch mit verschiedenen feministischen Gruppen und Organisationen, die sowohl der «alten» wie der «neuen» Frauenbewegung zugeordnet werden können. Neben personellen und organisatorischen Anknüpfungspunkten der FFF zur Frauenbewegung bestanden Kontinuitäten auf einer konzeptuell-politischen Ebene. Dies zeigt die Analyse der ab 1988 von der FFF initiierten Projekte zur betrieblichen Frauenförderung im zweiten Teil der Arbeit. In ihren Strategien zur Frauenförderung nahm die Fachstelle verschiedene Praktiken und (Selbst-) Techniken aus der Frauenbewegung der 1970er Jahre auf, wie etwa Vermittlung von Selbsthilfe, Lernen in Frauengruppen und die weibliche «Ermächtigung» unter Ausschluss von Männern. Damit veränderte die FFF die Verwaltungskultur und schuf neue Handlungsspielräume für die Mitarbeiterinnen. Die betriebliche Anwendung feministischer Konzepte gelang jedoch nicht ohne eine Adaption und Transformation letzterer. Dass die Fachstelle diese Top down in die Verwaltung einführte, zeugt bereits von einer Abkehr vom Emanzipationsverständnis der 1970er Jahre. Auch trat im Zuge der Institutionalisierung die Kritik an strukturellen Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern zunehmend in den Hintergrund. Die FFF setzte sich nicht nur für die Ermächtigung von Frauen ein, sondern appellierte auch an deren individuelle Verantwortung. Die Inklusion der feministischen Kritik in die Verwaltung scheint weiter eine Entgrenzung der Arbeit zu begünstigen. Insbesondere im Kontext der Mitte der 1990er Jahre einsetzenden neoliberalen Reformbestrebungen in der Zürcher Stadtverwaltung konstruierte die FFF einen ökonomischen Nutzen von Frauenförderungsmassnahmen, wie der dritte Teil der Arbeit aufzeigt. Die FFF erwies sich dabei selbst als Akteurin, welche die Reformdiskurse und -praktiken mittrug, da sie verschiedene Elemente der neuen Verwaltungsführung begrüsste, so den Imperativ der «Verantwortungsdelegation», die Orientierung der Verwaltungsarbeit auf ihre «Kund_innen» und die Flexibilisierung der Arbeitszeit und Arbeitsgestaltung. Mit ihrer Arbeit partizipierte die FFF immer auch an den gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen über die geschlechterspezifische Arbeitsteilung, so eine übergeordnete Erkenntnis. Betriebliche Gleichstellungsstellen waren jedoch nicht die einzigen Akteurinnen, welche die IntegrationvonFraueninsErwerbslebenbezweckten. In Abhängigkeit zur jeweiligen Arbeitsmarktlage begrüssten unterschiedliche Akteur_innen Frau- enförderungsmassnahmen: der Bund mit unterschiedlichen Finanzierungshilfen, wirtschaftliche Interessensverbände sowie diverse Personal- und Ausbildungsverantwortliche. Die Zusammenarbeit mit diesen disparaten Akteur_innen, die aus unterschiedlichen Motivationen die betriebliche Frauenförderung unterstützten, prägte die Legitimationsstrategien der FFF. Gleichzeitig zeigt die Arbeit auf, dass sich mit einer Verschiebung in der geschlechterspezifischen Arbeitsteilung nicht zwingend tradierte geschlechterspezifische Zuschreibungen verändern müssen. Gerade die Bemühungen der FFF zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie konnten auch zu einer Verfestigung traditionell weiblicher Rollenzuschreibungen fühen. Die Institutionalisierung feministischer Inhalte in der Verwaltung erweist sich als ein äusserst vielschichtiges Phänomen, so das Fazit der Arbeit. Die Fachstelle kritisierte die männerprivilegierenden Strukturen der Verwaltung und zielte auf deren Aufweichung zugunsten von Frauen ab. Ebendiese Kritik an traditionellen Hierarchien drohte gleichzeitig, einer neoliberalen Transformation der Arbeitswelt Aufwind zu verschaffen.

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