Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Regula
Schmid Keeling
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2020/2021
Abstract
In der vorgestellten Masterarbeit wurde versucht, mittels Methoden aus der Museums- und Archivarbeit sowie der Archäologie eine umfassende Untersuchung einer Sammlung von Siegeln durchzuführen. Dies geschah vor dem Hintergrund einer übergeordneten Fragestellung zur Familiengeschichte und der korrekten Inventarisierung der Objekte.
Die untersuchte Siegelsammlung befindet sich im Fideikommiss-Haus der Göldlin von Tiefenau am Hirschenplatz in Luzern. In der Sammlung befinden sich Abgüsse und Abdrücke aus Wachs oder Gips, grösstenteils von Siegeln von Familienmitgliedern der Göldlin (von Tiefenau). Das Geschlecht der Göldli siedelte Anfang des 15. Jahrhundert von Pforzheim in Baden-Württemberg nach Zürich über. Die Göldli gehörten im 15. Jahrhundert zu den einflussreichsten Familien Zürichs und stellten mit Heinrich Göldli (vor 1445–1514) von 1476 bis 1483 und 1486 einen Bürgermeister. Nach der Reformation brach die Macht der Göldli in Zürich zusammen. Mehrere Mitglieder wanderten nach Luzern oder Rapperswil aus. Die Luzerner Linie der Göldli erlosch 1600 und die Zürcher Linie 1677. Ein anderer Zweig der Familie, die sich nun Göldlin von Tiefenau nannte, kam über Sursee und Rapperswil nach Luzern. Von ihnen erhielt Hans Renward als erster 1604 das Luzerner Bürgerrecht.
Die Siegelsammlung selbst und die beiliegenden Dokumente bilden die wichtigsten Grundlagen der Untersuchung. Als weitere nicht gedruckte Quellen wurden die Familiengeschichte von Adalrich Arnold (1875–1941) und die mehrbändige Dokumentation der Familienmitglieder aus der Bibliothek im Haus am Hirschenplatz in Luzern hinzugezogen. Um mit der Sammlung arbeiten zu können, ist die wissenschaftliche Aufarbeitung und Aufnahme der Abgüsse und Abdrücke grundlegend. Dies bedeutet, dass jedem Objekt eine Inventarnummer vergeben wurde, die Daten der Objekte in einer eigens für die Arbeit erstellte Datenbank in FileMaker aufgenommen wurden, jedes Objekt fotografiert und schlussendlich fachgerecht verpackt wurde. Es wurden insgesamt 252 verschiedene Objekte gesichtet. Von diesen 252 Stücken wurden die Abdrücke und Abgüsse mit demselben Siegelbild und demselben Material als ein Objekt gezählt. Somit reduzierte sich die Anzahl der verschiedenen Siegelbilder auf insgesamt 119 Objekte.
Es konnten mehrere Sammlungsserien erkannt werden. Unterschieden werden kann zwischen der Serie von Gipsabgüssen auf blauem Karton mit Informationen zum Siegelführer, der Serie von hauptsächlich Wachsabdrücken mit Informationszetteln zum Siegelführer, welche mit Schreibmaschine verfasst worden sind und der Serie von Wachsabdrücken mit Nummern auf Karton mit Bleistift. Alle drei Serien können mit Vergleichen von Quellen aus dem Familienarchiv und den Aussagen von Christian und Marianne Göldlin von Tiefenau Heinrich Göldlin von Tiefenau (1866–1942) und Pater Adalrich Arnold (1875–1941) zugeordnet werden. Dies führt zu einem Entstehungsdatum der Sammlung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Der häufigste Siegeltyp bilden die Vollwappenund Wappensiegel mit 76 Stück, hinzu kommt ein geistliches Wappensiegel. Die Sammlung enthält zudem vier Allianzwappensiegel und sieben geistliche Allianzwappensiegel, die grösstenteils von Privatpersonen geführt wurden und eine Zugehörigkeit zu einem Ort, einer weiteren Person oder einer Institution ausdrücken. Zudem sind elf Heiligensiegel, sechs Stadtsiegel und zwei Symbolsiegel vorhanden. Die am wenigsten vertretenen Siegeltypen bilden mit je einem Stück die Initialsiegel, die Schriftsiegel und die Bildnissiegel. Leider können 9 Stück aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustands keinem Siegeltyp zugeordnet werden. Bei 60 Stück konnten die Siegelführer ermittelt werden, da sie aufgrund der Angaben auf Siegel und dazugehörigen Dokumenten nicht nur einem Archiv, sondern auch einer erhaltenen Urkunde zuweisbar waren. Alle bekannten nicht-institutionellen Siegelführer waren männliche Mitglieder der Familie Göldlin (von Tiefenau).
Es ist auffallend, dass ausschliesslich die katholischen Mitglieder der Familie mit besonderem Augenmerk auf die Mitglieder im kirchlichen Dienst in der Sammlung vertreten sind. Dies stimmt auch mit den Dokumenten aus dem Familienarchiv überein. Auch hier liegt das Haupt- augenmerk auf den katholischen Mitgliedern und viele der Siegelführer sind hier zu finden. Die hohe Anzahl an Wappen-, Vollwappen- und Allianzwappensiegel macht in Bezug auf die Sammlung, welche mit dem Aspekt des Sammelns der Familiengeschichte gewachsen ist, durchaus Sinn. Die Siegelsammlung scheint ein weiterer Teil der Dokumentation der Familiengeschichte zu sein, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Auftrag von Heinrich Göldlin von Tiefenau (1866–1942) durchgeführt worden ist.