Die Internationalität der schweizerischen Ostalpenbahnfrage. Der Umgang mit der Ostalpenbahnfrage in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz von 1838 bis 1975

AutorIn Name
Nadia
Caduff
Academic writing genre
Licenciate thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christoph Maria
Merki
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2007/2008
Abstract


Zu den prägendsten Faktoren des Kantons Graubünden gehören die Pässe. Als im 13. Jahrhundert durch die Eröffnung eines Weges durch die Schöllenenschlucht aus dem Gotthard ein Transitpass entstand, tauchte für die Bündner Pässe eine spürbare Konkurrenz auf. Anfangs des 18. Jahrhunderts kam es zu einer Konkurrenz zwischen dem Splügen und dem San Bernardino. Als Österreich 1 13 in den Besitz der Lombardei kam, fing das Piemont an, den Bernardino statt den Splügen zu benützen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich das bündnerische Strassenund Transportwesen in einem ungenügenden Zustand. Das Überwiegen von partikularistischen Interessen verhinderte jede Verbesserung. Erst die Hungerjahre von 1816/1 bewirkten Veränderungen. Die schlechten Transportwege erschwerten das Heranschaffen von Nahrungsmitteln und verschärften damit die Ernährungskrise. Dies löste ein Umdenken der Bevölkerung aus.

Bereits in den folgenden Jahren entstand mit piemontesischen Subsidien die neue Strasse über den San Bernardino. Praktisch gleichzeitig erfolgte aber mit österreichischer Hilfe der Bau der Splügenstrasse. Der Transitverkehr diente vielen Bewohnern der Bündner Täler als wichtige Erwerbsquelle. Der Bau der Eisenbahn bis nach Chur förderte den Passverkehr zusätzlich. Mit der Eröffnung 1882 entzog die Gotthardbahn den Bündner Pässen fast den gesamten Güterverkehr und bereitete den florierenden Passtransportunternehmen ein jähes Ende. Schon bald nach dem Aufkommen der Eisenbahn tauchte der Gedanke auf, den Norden mit dem Süden Europas auf dem direktesten Wege mit einer Bahn durch die Alpen zu verbinden. Die sich gegenseitig konkurrenzierenden Projekte führten zu lebhaften Auseinandersetzungen. Diese Streitigkeiten zogen sich über zwei Jahrhunderte hin und sind Bestandteil dieser Arbeit.

Die Arbeit will die internationalen Aspekte der Ostalpenbahnprojekte im Laufe der Geschichte seit der Gründung der Idee einer schweizerischen Ostalpenbahn bis ins 20. Jahrhundert verfolgen und analysieren. Den Schnittpunkt der Arbeit bildet der Gotthardvertrag. Was hat den Ausschlag gegeben, dass sich Deutschland und Italien dem Gotthardprojekt zuwandten? Wie haben sich die Bestrebungen des Auslands für eine schweizerische Ostalpenbahn nach dem Gotthardvertrag verändert?

Die Chance für die Realisierung einer ostschweizerischen Alpenbahn war im 19. grösser als im 20. Jahrhundert, weil man dann auch im Ausland solche Projekte ausarbeitete. Die Vorteile der Wegersparnisse bildeten kräftige Argumente für diese Aktivitäten. Im 20. Jahrhundert hingegen, suchte man im Ausland auch nach ausserschweizerischen Wegen durch die Alpen. Die Hauptursache dieses Ausweichens auf die Nachbarländer war die Uneinigkeit der Ostschweiz, sich für ein Ostalpenbahnprojekt zu entscheiden. Unterschiedliche Interessenlagen in den verschiedenen Ländern waren dafür verantwortlich. Die Grenzen der schweizerischen Nachbarländer veränderten sich. Italien konnte einige Gebiete im Norden für sich gewinnen und verlor damit das Interesse an einer schweizerischen Ostalpenbahn, denn mit dem Südtirol hatte man einen Zugang zum Brenner und damit nach Norden.

Kriege und Revolutionen begründen ausserdem die Nichtrealisierung einer schweizerischen Ostalpenbahn. Als Ereignisse zu nennen sind hier die Revolutionsjahre 1847/48, sowie der Erste und der Zweite Weltkrieg.

Ohne finanzielle Zuwendungen des Auslands war es nicht möglich ein Projekt einer Ostalpenbahn zu realisieren. Da man sich aber in den Schweizer Kantonen zu viel Zeit liess, um Kredite zu sprechen, verspielte man das Vertrauen der ausländischen Geldgeber. Die Gotthardgesellschaft konnte hingegen, zusammen mit dem Bundesrat, den Gotthardvertrag mit dem Ausland abschliessen und damit die Finanzierung der Gotthardbahn sichern.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden schweizerische und ausländische Splügenkomitees gegründet. Sie schlossen sich zu einem internationalen Komitee zusammen und nahmen den Kampf für eine Splügenbahn auf.

1973 besass der Splügen vermutlich die grösste Realisierungschance im 20. Jahrhundert überhaupt. Aber unerwartete Einflüsse liessen die Splügenpläne scheitern. Wie ein Jahrhundert zuvor trat eine Wirtschaftskrise auf. Verhinderte damals der Zusammenbruch des Finanzierungssystems den Bau der Splügenbahn, so bewirkte die Krise im 20. Jahrhundert einen starken Einbruch im Güterverkehr. Ausserdem zwang die zunehmende Konkurrenz des Strassenverkehrs zum Umdenken. Dies bedeutete statt Gotthard und dann Splügen nur noch Gotthard oder Splügen.

Gegenüber den Zeiten vor dem Ersten Weltkrieg veränderte sich zudem noch der finanzielle Aspekt. Die Schweiz wollte ihre Alpentransitwege (NEAT) aus eigenen Mitteln finanzieren und entschied sich nicht zuletzt aus Gründen der Unabhängigkeit für Gotthard und Lötschberg.

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