Die Herstellung von Evidenz. Die französische Untersuchungskommission zu Verstössen gegen das Kriegsvölkerrecht im Ersten Weltkrieg.

AutorIn Name
Nina
Helg-Kurmann
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Svenja
Goltermann
Institution
Historisches Seminar
Place
Zürich
Year
2017/2018
Abstract
Als es zu Beginn des Ersten Weltkriegs in Belgien und Frankreich zu Gewalttaten der deutschen Truppen gegen die Bevölkerung kam, bei denen rund 6500 Zivilisten getötet und zahlreiche Ortschaften zerstört wurden, war die Empörung in Frankreich, Belgien und Grossbritannien gross und es wurden schnell gegenseitige Vorwürfe laut. Mit dem sich entwickelnden humanitären Völkerrechts, der Kodifizierung von Regeln in der Haager Landkriegsordnung und den Genfer Konventionen und der wachsenden Bedeutung der Presse und Weltöffentlichkeit, hatten zu Beginn des Jahrhunderts viele Völkerrechtler die Hoffnung, die Staaten würden sich an die Regeln des ius in bello halten, da sie auf ihren Ruf bedacht wären und nicht als unzivilisiert gelten wollten. In der Praxis zeigte sich jedoch schnell, wie problematisch der Status der zivilen Bevölkerung war. Regierungen konnten nur durch eine Überprüfung der Anschuldigungen durch eine Kommission zum Ergreifen von Massnahmen aufgefordert werden, um die Einhaltung der vereinbarten Regeln sicherzustellen. Da ein internationales Untersuchungsorgan fehlte, gründeten die Staaten bereits in den ersten Kriegsmonaten nationale Ermittlungskommissionen, die Dokumente zusammentrugen und damit propagandistische Berichte verfassten, um den eigenen Standpunkt zu belegen. Die Vorgehensweise und der Arbeitsprozess einer solchen Untersuchung waren zu dieser Zeit jedoch noch keineswegs etabliert und mussten von den Kommissionen erst entwickelt werden. Die Masterarbeit untersucht am konkreten Beispiel der „Französischen Untersuchungskommission von Verstössen der Deutschen gegen das Kriegsvölkerrecht“ die Frage, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Kontext des Ersten Weltkrieges Evidenz konstruiert und in ein öffentlichkeitswirksames Narrativ übersetzt wurde. Dabei folgt die Analyse den Arbeitsschritten der Kommission, um aufzuzeigen, wie die französische Untersuchungskommission auf ihrer Suche nach Dokumenten vorging und organisiert war, welche Rolle die internationalen Völkerrechtskonventionen dabei spielten, welche Vorstellungen von illegitimer Gewalt sie in den gesammelten Zeugenaussagen vorfanden und wie sie diese im abschliessenden Bericht als glaubwürdige Beweise präsentierten und propagandistisch nutzten. Quellengrundlage, um diese Fragen zu beantworten, bilden der in der Forschung bisher wenig beachtete Archivbestand der französischen Untersuchungskommission, die zwölf veröffentlichten Berichte der Kommission und ein Dossier des damaligen Kriegsministers mit Korrespondenzen aus den Kriegsjahren.

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