Die Gesellschaft Schweiz-DDR 1976-1990. Öffentlichkeitsarbeit des SED-Staates in der Schweiz

AutorIn Name
Cornelia
Steck
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Joachim
Eibach
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2010/2011
Abstract
Während des Kalten Krieges versuchte die Deutsche Demokratische Republik (DDR), ähnlich wie andere sozialistische Länder, mittels so genannter Freundschaftsgesellschaften die verhärteten Fronten zwischen den Westmächten und dem Ostblock zu überwinden. Da der DDR bis zur diplomatischen Anerkennung 1972 infolge der Aufhebung der Hallstein-Doktrin die klassischen Instrumente der Diplomatie nicht zur Verfügung standen, wurde auf kryptodiplomatische Praktiken zurückgegriffen. Dazu gehörten die auswärtige Kulturpolitik, der staatlich gelenkte Aussenhandel sowie die Gründungen gesellschaftlicher Organisationen. Zu den Letzteren zählten die Freundschaftsgesellschaften und -komitees, welche vorwiegend in den 1960er Jahren entstanden. Völkerfreundschaft und friedliche Koexistenz wurden im Ausland propagiert. Aber auch nach der Anerkennung der DDR 1972 wurden die bestehenden Freundschaftsgesellschaften fortgeführt und weitere gegründet. Sie stellten im Gegensatz zu den offiziellen diplomatischen Beziehungen ein unverfänglicheres Propagandainstrument dar, und die Proklamation von Freunden in aller Welt sollte der verbreiteten negativen Wahrnehmung der DDR entgegen wirken. Die Masterarbeit befasst sich mit dem Fallbeispiel der Gesellschaft Schweiz-DDR, deren Entstehung, Tätigkeit sowie Auswirkung und liefert damit einen Beitrag zur Kryptodiplomatie der Ostblockländer in der Zeit des Kalten Krieges. Die Gesellschaft Schweiz-DDR wurde 1976 auf Initiative von DDR-Funktionären der ostdeutschen Botschaft in Bern gegründet. Zwei Jahre später entstand das Pendant, die Freundschaftsgesellschaft DDR-Schweiz, in der DDR unter der Dachorganisation Liga für Völkerfreundschaft. Aufgrund der sprachlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen der DDR und der Schweiz lag die Pflege von Kontakten nahe, doch hatten die freundschaftlichen Beziehungen mit der Schweiz keine Priorität. Offiziell galt die Schweiz zwar als neutraler Staat; in der Praxis orientierte sie sich aber an der Deutschlandpolitik der Westmächte, und die öffentliche Meinung war stark antikommunistisch geprägt. Deshalb setzte die Liga gezielt apolitische Persönlichkeiten als Präsidenten der Gesellschaft Schweiz-DDR ein, die über eine gewisse Bekanntheit und Repräsentativität verfügten und bei einem breiten Gesellschaftskreis Anerkennung fanden. Die Schweiz stand nicht zwischen den Blöcken und nahm keine neutralitätspolitische Position in der Deutschlandfrage ein wie etwa Finnland. Während Freundschaftsgesellschaften in der Schweiz als Vereine konstituiert waren und keinen aussenpolitischen Entscheidungen unterlagen, waren Zusammenschlüsse dieser Art in der DDR in die offizielle Aussenpolitik eingebettet. Jede Handlung im Ausland war dem Staat respektive der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) unterstellt und somit Bestandteil einer gut inszenierten Public Relations-Maschinerie. Die Liga für Völkerfreundschaft mit Sitz in OstBerlin koordinierte die Aktivitäten der Freundschaftsgesellschaften und erstellte Richtlinien. Delegationen, die auf Einladung der Liga für Völkerfreundschaft in die DDR reisten, erhielten den Anstrich von Staatsbesuchen, wurden hochrangig betreut und ihr Besuch in den ostdeutschen Medien herausgestellt. Das propagierte Ziel der Gesellschaft SchweizDDR war die Förderung der menschlichen, kulturellen und kirchlichen Beziehungen im weitesten Sinne zwischen der Schweiz und der DDR durch Begegnungen, Reisen, Vorträge und kulturelle Anlässe. Tatsächlich diente die Gesellschaft in erster Linie der Selbstdarstellung der DDR im Sinne der auslandinformatorischen Tätigkeit. Die Ziele der Liga für Völkerfreundschaft in Bezug auf die Schweiz veränderten sich im Untersuchungszeitraum von 1976 bis zum Untergang der DDR nur marginal. Neben der Vermittlung eines realen Sozialismus-Bildes und dem Abbau des Antikommunismus in der Schweiz, sollte die breite Unterstützung der Friedenspolitik der sozialistischen Gesellschaft sowie die Durchsetzung der Politik der friedlichen Koexistenz in den Beziehungen zwischen den Staaten erreicht werden. Die Gesellschaft war durch die Liga für Völkerfreundschaft und die DDR-Botschaft in Bern in ihrem Handlungsspielraum stark eingeengt. Die Gesellschaft Schweiz-DDR trat in der Schweiz ausschliesslich durch kulturelle Veranstaltungen und deren Berichterstattung in Erscheinung. Die Zahl der Mitglieder bewegte sich im untersuchten Zeitraum zwischen 100 bis 150 Mitgliedern und erlangte somit nie Breitenwirkung. Die Masterarbeit konnte zeigen, dass die Gesellschaft SchweizDDR von Beginn weg einen äusserst schweren Stand in der Schweiz hatte. In den 14 Jahren ihres Bestehens bekundete die Organisation erhebliche Mühe, Leute ausserhalb eines engen linken Sympathisantenkreises zu erreichen.

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