Die Schweiz der Zwischenkriegszeit und bürgerliche Geschichtspolitik: Um diese interessante Kombination dreht sich diese Masterarbeit. Geleitet von der Frage, wie und in welchen Kontexten der «Bürgerblock» mittels Rückgriff auf die eigene Geschichte in der Gegenwart der Zwischen- kriegszeit argumentiert, fokussiert sich die Arbeit auf die Jahre 1918 bis 1924 und 1930 bis 1935 sowie auf die drei Tageszeitungen Neue Berner Zeitung (NBZ), Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und das Luzerner Vaterland (VA). Jedes Blatt steht hierfür gewissermassen «stellvertretend» für eine bürgerliche Partei respektive politische Richtung: die NBZ für die Bauern-, Gewerbe- und Bür- gerpartei (BGB), die NZZ für die Freisinnig Demokratische Partei (FDP) und das Vaterland für die Konservative Volkspartei (KVP).
Die wesentliche Erkenntnis, die aus der Sichtung einer Vielzahl von Zeitungsartikeln resul- tierte, ist, dass die bürgerlichen Tageszeitungen durchaus strategisch und gerne auf die eigene Geschichte zurückblicken, um einer gegenwärtigen politischen Diskussion bestimmte Impulse zu geben. Der Geschichte wird ergo für das Hier und Jetzt der Zwischenkriegszeit ein massgebender Wert zugeschrieben. So gilt sie quasi als exemplarische Referenz und als Richtwert, an welchem sich aktuelles Handeln orientieren kann oder vielleicht sogar orientieren sollte. Sehr viele Zei- tungsartikel, welche historische Rückbezüge für Gegenwartszwecke schaffen, konzentrieren sich auf die Haupt-Gegenspielerin der Bürgerlichen: die schweizerische Sozialdemokratie. Dies ist insofern verständlich, als die Sozialdemokratische Partei (SP) politisch immer mehr Gewicht ver- zeichnen konnte – nach den ersten Proporz-Nationalratswahlen 1919 hatte sich ihre Sitzzahl in der grossen Kammer verdoppelt und 1928 wurde sie sogar erstmals wählerstärkste Partei – und gegenüber der bürgerlichen Politik meistens eine entgegengesetzte Position einnahm.