‚Food Riots‘ und ‚moral economy‘ in der industrialisierten Welt. Die Anwendungsmöglichkeiten des sozialhistorischen Konzepts von E.P. Thompson, aufgezeigt an dem Marktunruhen in der Schweiz im Juli 1916

AutorIn Name
Marc
Laumann
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Joachim
Eibach
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2012/2013
Abstract

Im Jahr 2011 feierte das Konzept von E.P. Thompson sein vierzigjähriges Bestehen. Seine Arbeit „The Moral Economy of the English Crowd in the 18th Century“ prägte eine ganze Generation von Historikern. Nur wenigen sozialhistorischen Ansätzen war es vergönnt, eine paradigmatische Wende in diesem Umfang auszulösen. Das Konzept der „moralischen Ökonomie“ entstand aus der Betrachtung des Schnittpunkts von ökonomischen Prozessen, sozialen Zusammenhängen und politischen Machtverhältnissen in Food Riots in England im 18. und 19. Jahrhundert. Das Theorem wendete sich entschieden gegen die spasmodische Auffassung von Aufruhr. Die von Thompson angesprochenen Wachstumshistoriker machten sich in seinen Augen eines „krassen ökonomischen Reduktionismus“ schuldig. Die Folge der spasmodischen Interpretation war, dass die komplexe Beziehung von Motiv, Verhalten und Funktion in den Food Riots ausser Acht gelassen wurde.

Aus dem Konzept von E.P. Thompson geht hervor, dass ein volkstümlicher Konsens darüber herrschte, was in der Wirtschaft und Politik erlaubt ist und was nicht. Nach seiner Meinung fand dieses Bewusstsein seinen Ursprung in einer fest verankerten und traditionellen Auffassung von sozialen Normen und Verpflichtungen. Deshalb stand im Fokus seiner Betrachtung der Akteur. Als sozialistisch-humanistischer Historiker schrieb er Geschichte „from below“ und nicht „of below“. Für eine transparente Aufarbeitung des Untersuchungsgegenstands war es wichtig, irreführende Bezeichnungen zu vermeiden und Klarheit in der verwendeten Terminologie zu schaffen. Die Erarbeitung von Formen des sozialen Widerstands, die in Folge der Verletzung von Konformitäten in Bezug auf die Grundnahrungsmittelversorgung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit in einem festzulegenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Rahmen stattfanden, erforderte die Berücksichtigung von interdisziplinären Forschungsergebnissen. Die vorliegende Arbeit trägt dieser Überlegung Rechnung und verweist auf fächerübergreifende Forschungsresultate. Das Alltagsverhalten der Akteure von kollektiven Protestformen stand im Blickpunkt einer multiperspektivischen Betrachtung.

In der Masterarbeit sollen die Anwendungsmöglichkeiten des Konzepts am Beispiel von Subsistenzunruhen aufgezeigt werden. Die Marktunruhen im Juli 1916 in der Schweiz stehen als Fallbeispiel im Fokus der Betrachtung. Die vorliegende Arbeit berücksichtigt dabei sowohl offene Konflikte im Juli 1916 in Bern, Zürich, Biel, Thun und Grenchen sowie in einem Querverweis in Mexiko zu Beginn des 21. Jahrhunderts, als auch den latenten Konflikt im Juli 1916 in Luzern. Anhand eines historischen Längsschnitts untersucht die Arbeit Food Riots auf Handlungsmuster und Kontinuitätslinien.

Die Ergebnisse einer zeitlosen und archetypischen Deutung der Handlungsmuster und Kontinuitätslinien bergen die Gefahr, ähnlichen Erscheinungsformen eine gleiche Bedeutung zuzuschreiben, die sie in Wirklichkeit nicht besitzen. Deshalb erfordert der Umgang mit dem Untersuchungsgegenstand eine kritische Analyse der jeweiligen Sachverhalte, die in der vorliegenden Arbeit vorgenommen wurde.

Access to the work

Library

Academic works are deposited in the library of the university where they originated. Search for the work in the central catalogue of Swiss libraries