Bis heute gelten über 18'000 Menschen im Zusammenhang mit dem peruanischen Bürgerkrieg (1980-2000) als verschwunden. Ein grosser Teil davon wurde in den blu(gsten Jahren des Konfliktes 1983-84 in Ayacucho durch Staatsterror verschwunden gelassen. Diese Arbeit vergleicht, wie die Narra(ve der peruanischen Wahrheitskommission (CVR, 2003) auf der einen Seite und der Armee auf der anderen Seite (2003/2012) das Phänomen erklärten: Wer, wie und warum wurde Opfer dieser Praxis und welche Rolle spielte dabei die aufständische Organisa(on maois(scher Prägung Sendero Luminoso. Deren Quasi-Staat in den Anden, «Nueva Democracia», militarisierte die Zivilbevölkerung und provozierte durch instrumentellen und symbolischen Terror einen «schmutzigen Krieg».
Eine Gemeinsamkeit in den Erzählmuster von CVR und Armee bestand in der Charakterisierung der lokalen Bevölkerung, vorwiegend indigener Herkunf, als passives Gewaltopfer im Konflikt. Diese vereinfachte Verteilung von Täter-und Opferrollen, so eine These dieser Arbeit, erfolgte im Fall der CVR mit geschichtspoli(scher Mo(va(on, im Fall der Armee beeinflusst durch die Doktrin der na(onalen Sicherheit. Im Narra(v der Armee ist ein Wandel erkennbar: Während im Jahr 2003 der Reier-Mythos im Vordergrund stand, verschob sich die Perspek(ve in der Replik von 2012 auf die militärische Unmöglichkeit, Organisa(onen wie Sendero Luminoso ohne zivile Opfer wirksam bekämpfen zu können. Das absichtliche oder fahrlässige Unterlassen von «hearts and minds» durch die Poli(ker war aus der Sicht der Armee nicht minder wich(g für Ausbruch und Verlauf des vermeidbaren Krieges, wie der «Dämon» Senderos.
Im Ergebnis soll diese Arbeit ein Beitrag zur Diskussion um die Verdienste und Defizite von Wahrheitskommissionen bei der Aufarbeitung trauma(scher Geschichte sein. Zwar gelingt es der CVR lange vernachlässigte Geschichte aus den marginalisierten Anden und seinen Bewohnern einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Doch in der Wahrheit der Kommission verblasst Senderos Zauber: Die Airak(on der Maoisten auf bedeutende Teile der vergessenen Bvölkerung und ihre Verschmelzung mit den Kombaianten. In ihrem geschlossenen Weltbild und dem Terror ohne Grenzen, das die Organisa(on als Kriegsführung perfek(onierte, war Sendero Luminoso Vorreiter ähnlicher Phänomene im 21. Jahrhundert. Staatliche Bekämpfung solcher Organisa(onen wirf schwierige Fragen zu Täterschaf, historischer Verantwortung und Impunität auf.