Am 8. Dezember 1953 hielt US-Präsident Dwight D. Eisenhower vor versammelten Diplomaten der UNO eine Rede, die darauf als „Atoms for Peace“-Rede bekannt wurde. Nach einem Moment der Stille folgte mächtiger Applaus: Eisenhower hatte, nach einer dunklen Warnung vor der weltweiten Zerstörung, die ein Krieg zwischen Atommächten anrichten würde, folgenden Vorschlag gemacht: Die Atommächte – primär waren die UdSSR und die USA gemeint – sollten jeweils gewisse Mengen ihres spaltbaren Materials, d.h. Uran und Plutonium, an eine gemeinsame internationale Agentur abgeben, die unter der Schirmherrschaft der UNO gegründet werden sollte. Dieses Spaltmaterial, Grundlage jeder Atombombe, sollte dann für friedliche Zwecke genutzt werden, z.B. zur Stromgewinnung in Atomkraftwerken in energiearmen Ländern.
Über die „wirklichen“ Intentionen Eisenhowers mit dieser Rede wird noch heute spekuliert. Im Rückblick ist klar, dass die nach 1953 von der Regierung Eisenhower und insbesondere der US- Atomenergiekommission erarbeiteten „Atoms for Peace“-Massnahmen keine rüstungshemmende Wirkung hatten, sondern die weltweite Verbreitung amerikanischer Atomtechnik und amerikanischen Spaltmaterials (als Brennmaterial für Atomreaktoren) förderten.
Einen besonders schnellen Markterfolg, gerade auch im militärisch-politisch wichtigen Westeuropa, feierte der Leichtwasserreaktor amerikanischer Bauart. Pikant dabei war, dass das Brennmaterial dieses Reaktortyps (ganz leicht angereichertes Uran) erstens als Spaltmaterial für Bomben praktisch unbrauchbar ist, und zweitens die US- Atombehörde bis Ende der 1960er Jahre einzige Besitzerin grosser Mengen dieses Brennstoffs war. Leichtwasserreaktor-Exporte waren für die USA in militärpolitischer und wirtschaftlicher Hinsicht äusserst vorteilhaft.
Die Lizentiatsarbeit zeigt, dass einige Autoren wohl aus diesen Gründen der These Vorschub leisten, der Markterfolg des LWR könnte von der US- Regierung weitsichtig geplant worden sein. Für diese These spricht vor allem das aussenpolitische Engagement der USA im Namen von „Atoms for Peace“ in der zweiten Hälfte der 50er Jahre. Das Wissen über die wichtigsten Kanäle dieses Engagements nach Europa, z.B. die Forschungsreaktor- und Stromreaktorbilateralen, wird zusammengetragen. Ausserdem wird untersucht, ob von einer von der US-Regierung respektive ihrer Atombehörde gesteuerten Reaktortypen-Selektion zugunsten des Leichtwasserreaktors ausgegangen werden kann.
Es wird dargelegt, dass, obwohl ein Interesse der US-Regierung an der Etablierung des „ungefährlichen“ LWR in Europa plausibel ist, in der untersuchten Literatur noch keine hiebund stichfesten Belege für eine politische Planung des Markterfolgs ausgerechnet des LWR vorgewiesen werden. Ein ausformuliertes Strategiepapier etwa, das die Eroberung ausländischer Märkte speziell mit „ungefährlichen“ LWR vorsieht, konnte nicht eruiert werden.
Weiter ergibt sich bezüglich der Technikselektion für Shippingport, dem ersten „Atoms for Peace“-Atomstromreaktor für den Markt und ein Leichtwasserreaktor, aufgrund der ausgewerteten Literatur eher das Bild eines überstürzten Unternehmens im Kontext des Kalten Krieges, bei dem sich die Politik nicht sonderlich um einzelne Komponenten wie die Brennstoffwahl kümmerte. Die Wahl des Brennstoffes hatte schon Jahre zuvor ein Marineoffizier (Hyman Rickover) im Rahmen des militärischen Projekts „nuklearer Schiffsantrieb“ getroffen, und zwar nach dem gänzlich von internationalen Überlegungen freien Kriterium, wie gut sich der Brennstoff zum Schiffsantrieb eignete. Als er 1953 Leiter des Shippingport-Bauprojekts wurde, blieb er bei dieser Reaktorwahl.
Die US-Atombehörde selbst versuchte in den 1950er Jahren die Entwicklung verschiedenster Reaktortypen zu fördern. Andererseits deuten, wie erwähnt, das politische US-Engagement bei der Aushandlung bilateraler Verträge für den Export und den Aufbau von Leichtwasser-Reaktoren (zunächst zu Forschungszwecken, dann zur Stromproduktion), weiter das US-EURATOM-Kooperationsprogramm von 1958, und die in den Augen damaliger Zeitgenossen und aktueller Historiker „billigen“ Brennstoffpreise für angereichertes Uran auf eine planvolle politische Förderung des Leichtwasserreaktors im Ausland hin. Im Versuch einer Gegenthese wird unter Beizug ökonomischer und geologischer Analysen der 1960er Jahre argumentiert, dass die niedrigen Brennstoffpreise für Leichtwasserreaktoren auch primär marktlogisch erklärt werden könnten: Die USA wurden sich Mitte der 1950er Jahre ihrer militärischen Überproduktion an (ungenutztem) angereichertem Uran gewahr und konnten dieses deshalb billig anbieten – die Alternative wäre die wirtschaftlich unsinnige weitere Hortung des Materials gewesen. Die billigen Stromreaktorangebote der 1960er Jahre könnten zudem auf reine Marketingstrategien der beiden grossen amerikanischen Hersteller von Leichtwasserreaktoren zurückgeführt werden.