Der Bau des Speicherkraftwerks Mauvoisin im Val de Bagnes

AutorIn Name
Aude
Schnyder
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Rohr
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2022/2023
Abstract

Die Wasserkraft und deren Nutzung boten dem Kanton Wallis die Gelegenheit, den Wandel vom Agrar- zum Industriekanton zu vollziehen. So liessen sich im ausgehenden 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Fabrikbetriebe, beispielsweise die Lonza, in der Rhoneebene nieder, um von der bis dahin noch ungenutzten Wasserkraft zu profitieren. Parallel wurden im Bereich der Hydroelektrizität zu dieser Zeit wichtige Grundsteine gelegt. Unter anderem wirkte sich die neue Übertragungstechnik und die damit einhergehende Einführung des Wechselstroms auf die Grösse der Absatzgebiete aus. Aufgrund der vorteilhaften topografischen Lage des Kantons sollten fortan die Höhenunterschiede zwischen dem Talgrund und den Bergen zur Energieerzeugung genutzt werden. Entsprechend wurden zwischen 1950 und 1960 die grössten Speicherkraftwerke realisiert; dazu zählt auch Mauvoisin.

Das Speicherkraftwerk Mauvoisin befindet sich im Val de Bagnes, einem südlichen Seitental des Rhonetals. Der Stausee liegt auf einer Höhe von 1696 m ü. M. und ist von zahlreichen Gletschern und Bergen umgeben. Im Gegensatz zur Grande-Dixence oder dem Mattmark-Staudamm wurde zur grössten Bogenstaumauer Westeuropas auf geschichtswissenschaftlicher Ebene kaum geforscht.

Diese Masterarbeit will diese Forschungslücke schliessen und dabei eine Thematik durchleuchten, die ebenfalls kaum untersucht wurde, nämlich die Arbeitsbedingungen auf Baustellen im Hochgebirge. Zur Beantwortung der formulierten Forschungsfragen wurden im Gemeindearchiv Le Châble zwei einzigartige Quellen ausgewertet. Dabei handelt es sich einerseits um ehemalige kommunale Aufenthaltsbewilligungen aus den 1950er und 1960er Jahren und andererseits um ein sogenanntes Polizeiheft, in welchem ausschliesslich über die Arbeiter:innen, die am Bau des Speicherkraftwerks aktiv beteiligt waren, Buch geführt wurde. Folglich konnten Statistiken zu Herkunft, Durchschnittsalter, Berufstätigkeit, Aufenthaltsdauer sowie zum Arbeitgeber erstellt werden.

Bei der Auswertung der Daten wurde deutlich, dass der Anteil an beschäftigten Frauen sehr gering war und diese nur im Gastgewerbe tätig waren. Darüber hinaus bestätigten die Quellen, dass die Mehrzahl der Gastarbeiter:innen aus Italien stammte, insbesondere aus Norditalien und dem Aostatal. Zusätzlich wurden vier Zeitzeugen befragt, die die Umbruchphase in ihrer Heimat miterlebt und zum Teil selbst aktiv an der Umsetzung der Talsperre mitgewirkt hatten. Ihre Aussagen bestätigten die Erkenntnisse aus den genannten schriftlichen Quellen.

Neben der rein quantitativen Auswertung wurden zudem auch weitere Quellengattungen auf qualitativer Ebene hinzugezogen, darunter der Briefverkehr zwischen dem Sozialamt für Arbeiterschutz des Kantons Wallis und den damaligen Arbeitgebern.

Letztere wurden auf diese Weise auf Mängel hingewiesen, die in der Folge eigentlich hätten behoben werden müssen, um den gesetzlichen Verordnungen gerecht zu werden. Doch die Umsetzung erwies sich in unzähligen Fällen als schwierig. So gehörten etwa prekäre sanitäre Anlagen, Unterbezahlung, Heimweh und Überstunden zum Baustellenalltag dazu. Zusätzlich hätten die Arbeitgeber die Arbeiter:innen vor möglichen Naturgefahren (Steinschläge, Lawinen, etc.) und Krankheiten, insbesondere Silikose, so gut wie möglich schützen sollen.

Obwohl der gesamte Industrialisierungsprozess besonders für die Arbeiterschaft körperlich und mental anstrengend war, sind mit dem Staudammbau auch viele positive Errungenschaften für die Region verbunden. Demnach nahm die Lebensqualität in den Seitentälern des Kantons innert kürzester Zeit massiv zu. Ausserdem vervielfachten sich die beruflichen Perspektiven der nachfolgenden Generationen. Abwanderungsphänomene gehörten somit weitgehend der Vergangenheit an. Weiter wurden die Walliser Bergtäler zu einem Touristenmagnet. So zieht es bis heute noch zahlreiche Besucher:innen in den Sommermonaten nach Mauvoisin.

Zugang zur Arbeit

Bibliothek

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