Die Liller Kriegszeitung (LK), mit ihrem Beiblatt Kriegsflugblätter (Kfb) war eine Zeitung der deutschen 6. Armee und wurde im Zeitraum zwischen dem 8. Dezember 1914 und dem 27. September 1918 an der Westfront im Grossraum Lille herausgegeben. Sie erschien zweimal wöchentlich, mit insgesamt 459 Ausgaben und hatte gegen Ende 1916 eine Auflage von 110’000 Exemplaren. Die Idee für die und der Befehl zur Gründung der LK stammte von Kronprinz Rupprecht von Bayern, dem Kommandeur der deutschen 6. Armee.
Grundlage für das Erscheinen der LK war die Besetzung der Druckerei des Tagblattes Grand Echo du Nord in Lille und die Nutzung der dort vorhandenen technischen Einrichtung. Das Personal der LK umfasste 95 Personen, davon 60 französische Zivilist:innen und 35 deutsche Heeresangehörige unterschiedlichen Ranges. Zur eigentlichen Schriftleitung gehörten Paul Oskar Höcker, Dr. Paul Weiglin als Nachfolger von Georg Freiherr von Ompteda, der ehemalige Simplicissimus-Mitarbeiter und Maler Karl Arnold sowie die Schriftstellerin Friedel Merzenich. Die Finanzierung der LK erfolgte zu Beginn über den Lebensmittelfonds und Kriegskontributionen. Sie finanzierte sich aber auch über den hauseigenen Verlag, welcher bis Ende März 1917 an der Front und in der Heimat 100’000 Bände von verschiedenen Werken verkaufte.
Die Masterarbeit arbeitet mit einem digital vorhandenen Quellenkorpus der Heidelberger Universität (https://doi.org/10.11588/diglit.16666), das alle Ausgaben der LK und Kfb enthält. Die inhaltliche Analyse der LK erfolgt in drei Hauptkapiteln. Das erste beschäftigt sich mit den „regelmässigen Rubriken“, die über einen längeren oder kürzeren Zeitraum mit gleichbleibendem Titel erschienen. Das zweite widmet sich „allgemeinen Artikel“, welche sich thematisch ordnen lassen, die aber inhaltlich divers sind. Das dritte Kapitel thematisiert „Sonderausgaben und Sonderdrucke“, welche ausführlicher einem spezifischen Thema gewidmet waren. Regelmässige Rubriken waren unter anderem der „Briefkasten der Liller Kriegszeitung‟, die „Ehrentafel‟, die „Theater, Kino und Bücher‟ oder „Von Hier und Daheim‟. Allgemeine Artikel setzen sich beispielsweise mit „Natur und Kultur‟, „Heimat und Front‟ oder „Medizin und Sport‟ auseinander. Ziel der Auswahl und Analyse der Artikel wie Rubriken ist es, ein intimes Bild der LK herauszuarbeiten. Das Aufzeigen von konstanten wie variablen Inhalten ist dabei eben so wichtig wie die historische Kontextualisierung dieser Inhalte. Die Arbeit will dabei gewisse Begriffe und geschichtliche Ereignisse verständlicher machen und sie zeitlich konkret verorten. Am Schluss der Hauptkapitel folgt je ein Zwischenfazit, welches die Ergebnisse der jeweiligen Hauptkapitel zusammenfasst. Zum Schluss zieht der Autor ein abschliessendes Fazit.
Die bisherige Forschung konzentrierte sich bezüglich Kriegszeitungen auf übergeordnete Themen. Es gab bisher keine Publikation, die sich der vertieften Analyse einer einzelnen deutschen Kriegszeitung widmete. So war auch die LK bislang „nur“ Bestandteil eines grösseren Quellenkorpus für die Analyse eines bestimmten übergeordneten Themas, oder sie wurde als Quelle herangezogen, um eine konkrete Argumentationslinie zu untermauern. Ziel der Masterarbeit ist eine ganzheitlichere Analyse der LK, welche Rubriken und Artikel in ihrem jeweiligen historischen, militärischen und räumlichen Kontext analysiert und damit ein ganzheitlicheres Bild der LK ermöglicht, als dies bisher der Fall war. Damit will der Autor einen Beitrag zur Forschung der deutschen Feldpublizistik im Ersten Weltkrieg leisten und zeigen, wie sich die LK inhaltlich präsentierte, welche Themen sie aufgriff und welchen Aufbau sie hatte. Es zeigt sich dabei, dass es mit der Einführung des sogenannten „Vaterländischen Unterrichtes‟ im Juli 1917 eine Art Einflussnahme der Obersten Heeresleitung auf die Feldpublizistik gab. Diese entstand als Reaktion auf unliebsame Haltungen von Soldaten in der Armee und als Antwort auf die innenpolitischen Entwicklungen. Diese Einflüsse führten zu einer verstärkten Kontrolle und Zensur der Inhalte der Kriegszeitungen, insbesondere der kleineren Grabenzeitungen. Den verschiedenen Schriftleitungen wurde zwar nicht befohlen Artikel und Berichte zu übernehmen, es gab jedoch Empfehlungen. Ab spätestens 1918 führte die Kontrollaufsicht der dafür eigens eingerichteten „Feldpressestelle‟ zu einer starken Gleichschaltung aller Kriegszeitungen. Dennoch zeigt die in der vorliegenden Arbeit vorgenommene Analyse der Anfänge, aber auch einzelner Bereiche für die Zeit der Jahre 1917 und 1918, dass die These, wonach Kriegszeitungen im Allgemeinen und Armeezeitungen im Besonderen nur Instrumente der Propaganda waren, in so allgemeiner Form nicht haltbar bleibt. Sie waren nämlich gleichzeitig ein Medium für Kommunikation, Information und Unterhaltung für die Heeresangehörigen und dienten zudem der Darstellung der soldatischen Lebenswelt. Diese Arbeit wird im Verlauf des Jahres in überarbeiteter Form beim Tectum Verlag in der NOMOS Verlagsgesellschaft erscheinen.