Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Heinrich Richard
Schmidt
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2016/2017
Abstract
Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit den Verhältnissen der Landschulen im Kanton Luzern und mit ihrer Entwicklung vom Beginn der Helvetik 1798 bis zum Ende der Mediation 1813.
Als Grundlage für die Studie dienten unterschiedliche Arten von Quellen. Zunächst zeigen verschiedene Umfragen (Krauer-Tabelle Luzern, Stapfer-Enquête, Erziehungsratsbericht Luzern von 1801, Luzerner Lehrerumfrage 1811) die Verhältnisse und Entwicklungen für den ganzen Kanton, ebenso wie mehrere längere Berichte des Erziehungsrates, welche sich jeweils auf die Angaben der Schulinspektoren über die Zustände ihres Distrikts stützten.
Auf lokaler Ebene geben einerseits die Korrespondenzen der Schulinspektoren mit dem Erziehungsrat und den helvetischen oder kantonalen Regierungen Auskunft, wobei sich vor allem der Entlebucher Schulinspektor Stalder als umtriebiger und fleissiger Quellenproduzent erweist. Ausserdem finden sich in den gemeindespezifischen Archivalien viele Schreiben und Hinweise, die nicht nur die Gemeinden und deren Mitglieder, sondern auch die konkret greifbaren Schwierigkeiten im Detail beleuchten. Die qualitativen Tiefbohrungen werden dabei grösstenteils im Entlebuch gemacht, da durch die im Vergleich zum Rest des Kantons noch verheerendere Armut und die ländliche Weitläufigkeit die betrachteten Hindernisse stärker zum Vorschein kommen und weil dort mit Pfarrer und Schulinspektor Franz Josef Stalder ein wichtiger Akteur über die ganze Zeitspanne grossen Ein uss auf die Schulen ausübte.
Methodisch befasst sich die Untersuchung in erster Linie mit den Akteuren, welche für oder gegen die Schulen agierten, andererseits mit den allgemeinen Hindernissen, die den Schulen entgegenwirkten. Dadurch werden strukturelle und akteursbezogene Analysen miteinander verknüpft. Die Ergebnisse werden zwar quantitativ für den ganzen Kanton erhoben, der Fokus liegt jedoch auf qualitativen Betrachtungen, in welchen die Akteure und die Hindernisse deutlich sichtbar werden. Die beträchtliche Kontinuität der lokalen Akteure und des Luzerner Erziehungsrates, welche auch den Umbruch von der Helvetik zur Mediation überdauerte, ermöglicht ein genaues Nachzeichnen der politischen und persönlichen Interessen der einzelnen Handelnden, welche dadurch in den Mittelpunkt rücken.
Von den höchsten politischen Ämtern bis zu den Eltern der Schulkinder werden alle Akteure untersucht, wobei sich deutlich der Lokalismus der Schulentwicklung und eine Aufklärung von unten zeigen, insofern die Handelnden vor Ort mit konkreten Massnahmen, mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl die Reform der Landschulen vorantrieben. Die Errichtung von Dorf und Nebenschulen sowie der Bau von Schulhäusern und -stuben wurden – nach dem mässigen Erfolg unter der helvetischen Zentralregierung – während der Mediation nahtlos weiter vorangetrieben. Auch der Schulbesuch verbesserte sich in dieser Zeit beträchtlich, unter anderem auch, weil die ideologischen und von religiöskonservativem Denken geprägte Abneigung gegen die Schulen durch positive Erfahrungen stetig abnahm. Die allgegenwärtige Armut beispielsweise vermochte jedoch die Verbesserung der Lehrerlöhne noch zu verhindern.
Die Schwierigkeiten können zu vier Haupthindernissen zusammengefasst werden, welche sich in praktisch allen Bereichen zeigten: erstens die Armut, zweitens die geografischen Umstände (Schulwege etc.), drittens die politischen Strukturen und viertens persönliche Abneigungen gewisser Akteure gegen die Schule. Dadurch werden im Gegenzug auch die Faktoren des Wandels und die Erfolge der Schulreformer sichtbar.
Anhand der Ausweitung auf die bisher in der historischen Bildungsforschung vernachlässigte Phase der Mediation wird insgesamt gezeigt, dass die in der Helvetik initiierten Bemühungen um Schulreformen durch das Ende der Helvetik keineswegs zum Erliegen kamen, sondern konsequent und mit beachtlichem Erfolg weitergeführt wurden.