CfP: Neue Forschungen zur Sozialgeschichte

30. November 2014 - 01:00
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Sozialgeschichte ist kein neues Forschungsfeld, vielmehr eines, um dessen weitere Existenz auch schon mal gefürchtet wird. Gleichzeitig ist das Soziale in verschiedener Hinsicht im Gespräch. Dass Geschichte und Gegenwart sozialer Ungleichheit sich nicht in ein lineares Fortschrittsnarrativ fügen, dürfte eine der grösseren nicht nur politischen, sondern auch intellektuellen Herausforderungen der Gegenwart sein. Derweil fordern KritikerInnen eines sozialwissenschaftlichen Anthropozentrismus den privilegierten Status «des Sozialen» als Gegenstand und analytische Kategorie heraus, und Vertreter sog. «neuer Soziologien» insbes. französischer Provenienz fragen nach Verhältnissen von «Personen- und Dingzuständen» (Boltanski/Thévenot) statt nach Strukturen und Individuen, sozialen Gruppen und Klassen. Unter dem Einfluss einer Sozialanthropologie, deren Gegenstandbereich sich nicht mehr auf die aussereuopäischen Gesellschaften einschränken lässt, sind Untersuchungen zu Face-to-face-Beziehungen, Familie, und Verwandtschaft wichtig geworden. Besonders letztere wirft auch Fragen danach auf, inwiefern sich Vorstellungen über das Verhältnis zwischen physiologischer und sozialer Zusammengehörigkeit und das Soziale als Mediator zwischen «Natur» und «Kultur» historisieren lassen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern diese Impulse und Herausforderungen von SozialhistorikerInnen aufgegriffen werden oder nicht. Wie reagieren HistorikerInnen des Sozialen auf die Postulate einer «Symmetrisierung» von Dingen, Menschen und Tieren? Zeichnen sich Konzepttransfers aus aktuellen soziologischen und anthropologischen Theoriebildungen (z. B. Soziologie der Konventionen, pragmatische Anthropologie) ab? Vermag die Sozialgeschichte ihrerseits Historisierungspostulate in aktuelle Debatten einzubringen? Was passiert an den Schnittstellen, die aus früheren Auseinandersetzungen etwa mit der feministischen Geschichts¬wissenschaft bzw. der Geschlechtergeschichte, der Kulturgeschichte oder der Wirtschaftsgeschichte erwachsen sind? Aber auch: Welche Traditionen der klassischen Sozialgeschichte erweisen sich als weiterhin – oder vielleicht auch neu bzw. wieder – tragfähig für die Konstitution historischer Gegenstände; welche erprobten Methodologien werden weiterhin genutzt für historische Vorgehensweisen? Die Tagung möchte erkunden, was heute als Sozialgeschichte betrieben wird, wo Traditionen und klassische Kon-zepte sich als ungebrochen tragfähig erweisen und wo sich neue Impulse und transdisziplinäre Konzepttransfers abzeichnen. Sie versteht sich entsprechend als eine explorative Bestandsaufnahme aktueller Forschungen (vgl. auch: traverse 2011/1: Sozialgeschichte der Schweiz: Eine historiographische Skizze), und möchte dabei nicht nur Gegenstände und Themen registrieren, sondern auch zur Reflexion und Selbstverständigung im Kontext fachübergreifender sozial- und geisteswissenschaftlicher Debatten und Konjunkturen anregen. Bitte senden Sie Ihr Exposé (max. 3000 Zeichen) bis zum 30. November 2014 an: caroline.arni@unibas.ch, mit Kopie an alexandra.weber@unibas.ch. Sie werden bis 20. Januar 2015 Antwort auf Ihre Vorschläge erhalten. Erfolgreich begutachtete Beiträge werden im Schweizerischen Jahrbuch für Wirtschafts- und Sozialgeschichte publiziert. Abgabefrist zur Einreichung der Beiträge: 31. Oktober 2015.
Organisiert von
Caroline Arni, Bertrand Forclaz, Matthieu Leimgruber, Simon Teuscher

Veranstaltungsort

Universität Bern
-
3000 
Bern

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