Zwischen 1949 und 1959 sind nebst 370‘000 Migranten auch 450‘000 Migrantinnen nicht saisonal in die Schweiz eingewandert. In Forschung und kollektivem Gedächtnis spielen diese Frauen jedoch heute noch kaum eine Rolle. Diese Arbeit setzt sich deshalb mit zwei neueren Perspektiven der Migrationsforschung auseinander: der Migration von unten und dem Thema Frauen in der Migration.
Gefragt wurde nach den individuellen Migrationserfahrungen von zehn deutschen Frauen, die zwischen 1949 und Anfang 1961 als Arbeitsmigrantinnen in die Schweiz eingewandert sind. Zudem wurde nach Berührungspunkten zwischen der staatlichen und der individuellen Sicht gefragt. Dazu wurden auf der Grundlage der Oral-History-Methode Zeitzeugeninterviews durchgeführt, transkribiert, analysiert und verglichen. Deren Auswertung präsentiert sich in zwei Teilen: In einem ersten Teil werden die Migrationsbiographien der Frauen kurz vorgestellt, in einem zweiten erfolgt die Auswertung der vergleichenden Interviewanalyse, die sich in fünf Phasen gliedert: 1. Die Phase vom Gedanken auszuwandern bis zur Stellenbeschaffung, 2. die Phase von Reise und Ankunft, 3. die Phase der Eingliederung in die Aufnahmegesellschaft, 4. die Migration innerhalb der Schweiz und 5. die Phase der Rückkehr ins Herkunftsland. Diesen fünf Phasen folgt ein Kapitel zur Bewertung der Migrationserfahrung aus heutiger Sicht, in dem die Antworten auf die Frage nach dem Einfluss der Migrationserfahrung auf das spätere Leben ausgewertet werden.
Die Arbeit zeigt, dass die Frauen ihre Erfahrungen sehr unterschiedlich deuten, dass sie aber nicht nur als Opfer der äusseren Umstände gesehen werden können, sondern aktiv auf die Anforderungen reagierten, die durch die Aufnahmegesellschaft an sie gestellt wurden.