Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Damir
Skenderovic
Institution
Seminar für Zeitgeschichte
Ort
Fribourg
Jahr
2011/2012
Abstract
Die Masterarbeit widmet sich der administrativen Versorgung „gefallener“ Mädchen in das Institut Bon Pasteur, das von den katholischen Schwestern vom Guten Hirten geführt wurde. Die minderjährigen Mädchen wurden vom freiburgischen Staatsrat aufgrund von Sittlichkeitsverstössen administrativ versorgt. Die Untersuchung rekonstruiert den Einweisungsprozess anhand von 45 Personendossiers aus der Zeitspanne zwischen 1926 und 1943. Die Einweisungspraxis wird hier als Reaktion auf Devianz betrachtet; gleichzeitig muss sie als Mittel verstanden werden, bürgerliche und katholische Normen für nonkonforme Personen als verbindlich durchzusetzen. Die Forschungsarbeit fokussiert deshalb auf der Abgrenzung von „Devianz“ und „Normalität“ und fragt nach dem Aushandeln von Normen in der Versorgungspraxis.
Der Versorgungsprozess wird in den Schritten „Identifikation“, „Umgang mit Devianz“ und „Rückführung zur Norm“ untersucht. In ihrer Identifikation der jungen Mädchen als „deviant“ berücksichtigten die Behörden soziale, familiäre, ökonomische und berufliche Faktoren, die Zugehörigkeit der Mädchen zu einem bestimmten sozialen Milieu führte zu ihrer Stigmatisierung. Im Kapitel zum „Umgang mit Devianz“ werden die konkreten Internierungsgründe, die behördlichen Denk- und Handlungsmuster sowie die Argumente, mit denen der Staatsrat und die Schwestern vom Guten Hirten die Einweisungen begründeten, analysiert. Die Akten legen asymmetrisch verteilte Machtressourcen offen; der zuständige Staatsrat und die Oberin verfügten über die uneingeschränkte Deutungsmacht während die Internierten und ihre Familien vom Entscheidungsprozess ausgeschlossen waren. Unter Berücksichtigung der Negativfolie des „gefallenen“ Mädchens wird deutlich, dass sich die Beurteilung der Minderjährigen auf das normative Bild eines sittsamen, tugendhaften und gehorsamen Mädchens bezog. Der Aufenthalt im Institut Bon Pasteur hatte eine „Rückführung zur Norm“ zum Ziel, die Mädchen sollten mit Hilfe von Kontrolle und Zwang zu gesellschaftstauglichen Personen erzogen werden.
Der Aushandlungsprozess von Normen anhand der Versorgungspraxis orientierte sich an der
Abweichung und der Kongruenz der Internierten von einem normativen Mädchenbild. Dass die Mädchen dem Idealbild widersprachen, bedingte und rechtfertigte ihre Einweisung, die ein gesellschaftliches Sicherheitsbedürfnis befriedigten sollte.
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