Künstler mit nonkonformistischem Gedankengut provozieren die Schweiz. Zu den Skandalen um Kurt Fahrner und Josef Felix Müller – Zwei Kunstskandale im 20. Jahrhundert

AutorIn Name
Matthias
Thomi
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Damir
Skenderovic
Institution
Seminar für Zeitgeschichte
Ort
Fribourg
Jahr
2011/2012
Abstract
Seit dem Jahr 2000 ist in der Schweiz die Kunstfreiheit in der Bundesverfassung verankert. Dies ist unter anderem die Folge von einzelnen wenigen, jedoch bedeutenden Streitigkeiten um Fälle von Kunst und Zensur in der Schweiz. Die Auseinandersetzungen entzündeten sich an Fragen der Religion, der Sittlichkeit, sowie der nationalen Werte. Dem Kunstmaler Kurt Fahrner (1932–1977) in der Barfüsser-Affäre 1959 in Basel, sowie dem Künstler Josef Felix Müller (1955*) anlässlich der Ausstellung Fri-Art 1981 in Freiburg wurde vorgeworfen, ihre Bilder verletzten religiöse Gefühle, sowie das sittliche Empfinden der Bevölkerung. Beide mussten sich wegen Verstössen gegen Art. 261 StGB (Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit) und Art. 204 StGB (Verbot der unzüchtigen Veröffentlichung) vor Gericht verantworten. Mit der Aufarbeitung der beiden Skandale leistet die Arbeit einen Beitrag zu einer Geschichte des Skandals, die für die Schweiz noch in den Kinderschuhen steckt. Die Skandale um Kurt Fahrner und Josef Felix Müller werden in der Arbeit als Wertekonflikte aufgefasst, in denen Gesellschaften oder Teile davon in verdichteter Kommunikation gesellschaftliche Verhaltensregeln und Deutungen schaffen. Die Barfüsser-Affäre und ihr juristisches Nachspiel stellten so die Freiheit des Glaubens, Deutungen der Sexualität, sowie den Umgang einer konformistischen Gesellschaft mit Menschen mit gegenläufigem Gedankengut zur Diskussion. Bei Fahrner und Müller kamen die Skandalierer aus dem katholischen Milieu. Über einen kultur- und sozialgeschichtlichen Zugang thematisiert die Arbeit darüberhinaus Auflösungskonflikte innerund ausserhalb der katholischen Milieus zu einer Zeit, als die ehemals geschlossenen katholischen Subgesellschaften, bedingt durch Veränderungen der Konsumgesellschaft ab den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts, zu erodieren begannen. Die Arbeit untersucht die Skandale anhand der verschiedenen Akteure. Aufgezeigt wird, dass in der Schweiz des 20. Jahrhunderts verschiedene gesamt-, wie teilgesellschaftliche Tendenzen der Perzeption von Sexualität und ihrer Deutung existierten und, dass Skandale beim Verhandeln der daraus folgenden Werte und Normen für das gesamtgesellschaftliche Normsystem eine wichtige Rolle einnahmen. Bezüglich der Religion zeigt der Fahrner-Skandal, dass diese Ende der fünfziger Jahre als Folge des nicht allzu lange zurückliegenden Kulturkampfes noch immer ein umkämpftes Gebiet war. Bei der Sexualität spiegeln beide Skandale jene Entwicklung, welche die Sexualität zunehmend entprivatisiert und in der Öffentlichkeit sag- und darstellbar gemacht hat – in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die Sexualität von Mann und Frau, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Homosexualität.

Zugang zur Arbeit

Bibliothek

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