Der Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert war in kirchengeschichtlicher Hinsicht eine bewegte Zeit. Seit 1378 spalteten zwei Päpste die lateinische Christenheit, was als das „Grosse Abendländische Schisma“ in die Geschichte einging. Das Konzil von Pisa im Jahr 1409 stellte den ersten ernstzunehmenden Versuch dar, diese Kirchenspaltung zu überwinden. Der Versuch scheiterte zunächst einmal kläglich. Nun gab es statt einem Papst deren drei, die jeweils ihre Anhänger (Obödienzen) hatten. Gleichwohl stellte dieses Konzil insofern einen Erfolg dar, als dass es den Ausgangspunkt für weitere Konzilien, die Konzilien von Konstanz und Basel, bildete.
Das Konzil von Pisa, vor allem aber jene von Konstanz (1414-18) und Basel (1431-48) gehörten zu den umfangreichsten Grossereignissen der damaligen europäischen Zeit. In Konstanz sollen sich etwa 70000 und in Basel gar 150000 Besucher eingefunden haben. So wurden Konzilien zum „Forum der öffentlichen Meinung“, wo sich nicht nur der europäische Klerus traf, sondern auch die Universitäten und die Gesandtschaften der wichtigsten Mächte Europas vertreten waren. Ausgangspunkt der Arbeit bildete die Frage nach den auf dem Konzil von Pisa vertretenen englischen Gesandten. Zum einen wurde aufgrund der Gesandteninstruktionen untersucht, welche Ziele England auf dem Konzil verfolgte und wie viel Handlungsspielraum die einzelnen englischen Diplomaten hatten.
In einem zweiten Schritt wurde die Frage behandelt, ob es bestimmte Kriterien gab, nach denen Gesandte jeweils im Vorfeld des Konzils ausgewählt wurden. Dazu wurde ein prosopographischer Ansatz angewandt. Mit editierten Teilnehmerlisten wurden die Namen von rund 50 Diplomaten eruiert, die England an den drei Konzilien vertraten. Danach wurden anhand von Sekundärliteratur Kurzbiographien dieser 50 englischen Gesandten erstellt, die vergleichend untersucht wurden. Diese Kurzbiographien lieferten ein präzises Gruppenbild der Gesandten, ihres sozialen Ranges, ihrer Herkunft, ihrer Ausbildung, ihrer Sprachkenntnisse sowie ihrer diplomatischen Erfahrung.
Für das Konzil von Pisa zeigte es sich, dass ein Grossteil der englischen Gesandten bereits über viel praktische Erfahrung in der englischen und päpstlichen Administration gesammelt hatte. Daneben dominierten Rechtsgelehrte der Universität Oxford. Eine wichtige Rolle spielte der Erzbischof Thomas Arundel, da gleich vier seiner Anhänger auf dem Konzil vertreten waren. Nicht zu vernachlässigen ist die Bedeutung des Krisenjahrs 1399. Da einige Gesandten treu zum englischen König Heinrich IV. standen, galten sie als dessen Vertrauensmänner und wurden deshalb für diplomatische Missionen eingesetzt.
Die Gesandteninstruktionen liessen den Diplomaten grossen Spielraum. Heinrich IV. forderte lediglich, die Kircheneinheit müsse wieder hergestellt werden, ohne konkret darauf einzugehen, wie dieses Ziel erreicht werden könne.
Mit einer „longue durée“ wurden auch die englischen Gesandten auf den Konzilien von Konstanz und Basel berücksichtigt, um Veränderungen hinsichtlich der diplomatischen Qualifikation der Engländer zu erfassen. Vergleicht man die Biographien der englischen Gesandten aller drei Konzilien, so müssen folgende Punkte hervorgehoben werden: Lange Beamtenkarrieren, gute praktische Erfahrung in der Administration, „loyale“ Gesandten und Ritter sind bei allen englischen Gesandtschaften anzutreffen. Auch verfügte jede der drei englischen Gesandtschaften über „Finanzspezialisten“ und Kenner der römischen Kurie. Im Gegensatz zu Pisa und Basel unterschied sich die englische Gesandtschaft von Konstanz noch dadurch, dass Personen mit parlamentarischer Erfahrung an den Gesandtschaften teilnahmen. Prägten in Pisa und Konstanz die Rechtsgelehrten das Bild englischer Diplomatie, so dominierten in Basel die Theologen. Beim Konzil von Basel hatte zudem die „Akademisierung“ der englischen Gesandten zugenommen. So verfügten dort die englischen Diplomaten anders als bei den Konzilien von Pisa und Konstanz über den höchsten Anteil an Graduierten und Doktoren, bei denen es sich um auffallend viele aktuelle oder ehemalige Kollegiumsleiter handelte.
Nebst den englischen Diplomaten werden für Pisa in einem speziellen Kapitel die Gesandten des französischen Königs behandelt. Damit wurde untersucht, ob sich die diplomatische Vorgehensweise Englands in die geläufige diplomatische Praxis jener Zeit einordnen lässt. Beim Vergleich der beiden Monarchien überwiegen denn auch die Gemeinsamkeiten. Spezifisch an Frankreichs Diplomaten ist ihr hoher Status. Im Unterschied zu den Engländern besassen die Franzosen in der Regel mindestens die Bischofswürde. Ferner konnte im Fall Frankreichs die Bedeutung des „maître des requêtes“, der nationalen Konzilien als Sprungbrett für eine diplomatische Karriere sowie der entscheidende Einfluss des Herzogs von Berry auf die französische Politik nachgewiesen werden.