Schweizerischen Moralischen Wochenschriften im 18. Jahrhundert

AutorIn Name
Simon
Wernly
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Heinrich Richard
Schmidt
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2004/2005
Abstract

Während des ganzen 18. Jahrhunderts beschäftigten sich zahlreiche Denker, wie z.B. Voltaire, Montesquieu oder Hume, mit der Frage, ob Luxus für eine Gesellschaft nützlich oder schädlich sei. Viele von ihnen kamen dabei zur Überzeugung, dass der Konsum von Luxusgütern die ökonomische Entwicklung fördere und letztlich dadurch auch den ärmeren Schichten zugute komme. Diese Ansicht widerspricht der über Jahrhunderte vorherrschenden Meinung, dass ein tugendhafter Christ sich in Bezug auf die materiellen Vergnügungen zurückhalten müsse. Christopher J. Berry beschreibt den ideengeschichtlichen Prozess als „de-moralisation of luxury“. Wieweit sich das positive Luxuskonzept auch im Bewusstsein der Bevölkerung durchsetzen konnte, ist in der Forschung allerdings umstritten.

 

In der Lizentiatsarbeit wird untersucht, inwiefern sich die Luxusdebatte auf die deutschsprachigen Unterhaltungszeitschriften der protestantischen Städte Basel, Bern und Zürich niedergeschlagen hat. Die Unterhaltungszeitschriften wurden häufig von Pfarrern verfasst und in erster Linie vom städtischen Bildungsbürgertum gelesen. Bemerkenswert ist, dass auch Frauen explizit zum Adressatenkreis gehörten.

 

In einer Inhaltsanalyse liess sich einerseits ermitteln, welche Relevanz die Luxus- und Konsumthematik in den insgesamt 21 untersuchten Periodika hatte, andererseits konnte auch nach inhaltlichen Veränderungen gefragt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass Texte mit moralischen Inhalten im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts allgemein abnehmen. Bei den Texten, die sich speziell mit dem Thema Luxus befassen, zeichnet sich ebenfalls eine leichte Abnahme ab. Die Entwicklung verläuft jedoch nicht linear, zumal es sowohl zu Beginn wie auch am Ende des 18. Jahrhunderts UnterhaltungsblätHeinrich Richard Schmidt ter gab, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigten. Die Bewertung von Luxus bleibt hingegen während des gesamten Untersuchungszeitraumes konstant negativ. Positive Konnotationen finden sich nur vereinzelt, besonders deutlich in der Moralischen Wochenschrift „Der Neue Eidsgenosse“ (1750) vom Zürcher Salomon Wolf. Zudem fand eine Auseinandersetzung mit der neuen Idee vom wirtschaftlichen Nutzen des Luxus’ nur am Rande statt. Im Zentrum stand vielmehr der Gedanke von der Lasterhaftigkeit des Luxus’, der allgemein mit sozialer Ungleichheit, Wollust, Dekadenz, Fremdheit, Monarchie, Weiblichkeit und Weichlichkeit assoziiert wurde.

 

Die Unterhaltungsblätter werden schliesslich mit zwei Preisschriften von Johann Heinrich Pestalozzi und Leonhard Meister verglichen (1780). Die beiden Autoren waren selber auch Herausgeber von Unterhaltungszeitschriften. Die prämierten Abhandlungen sind ihrem Charakter nach analytischer als die meisten Texte in den Periodika. Deutlicher erscheint auch das Bewusstsein für die Ambivalenz des Luxus’. Vor allem Pestalozzi beschreibt ausführlich die positiven Auswirkungen auf den „Geist der Gewerbsamkeit“, warnt zugleich aber eindringlich vor den schlimmen Folgen einer „Ausartung“ des Konsums. Die inhaltliche Differenz lässt sich auf die unterschiedlichen Funktionen der beiden Medien zurückführen: Preisschriften sollten in dialektischer Reflexion neue Gedanken und Ideen entwickeln. Unterhaltungszeitschriften sollten hingegen den Leser belehren, indem sie immer wieder das Gleiche wiederholten. Dies gilt besonders für die Moralischen Wochenschriften, bei denen der Germanist Wolfgang Martens die geringe Varietät des Inhalts zu ihren Gattungsmerkmalen zählt.

Zugang zur Arbeit

Bibliothek

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