Art der Arbeit
Dissertation
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Jakob
Tanner
Institution
Neuzeit
Ort
Zürich
Jahr
2001/2002
Abstract
Aus Furcht vor der Währungsentwertung, vor politischen Unsicherheiten, Devisenbewirtschaftung, Enteignungen oder einem drohenden Krieg transferierten viele Personen aus Deutschland und den später deutschbesetzten Gebieten in den 1920er und frühen 1930er Jahren einen Teil ihrer Guthaben in die Schweiz. In einem ersten Kapitel werden die Bedeutung des internationalen Emmissions-, Effekten- und Vermögensverwaltungsgeschäfts für die verschiedenen Banken-gruppen sowie die Zu- und Abflüsse der ausländischen Vermögen untersucht. Im zweiten Kapitel wird das Augenmerk auf das Handeln einzelner Banken gerichtet. Dabei wird zunächst das Effektengeschäft einzelner Gross- und Privatbanken analysiert. Wie wurden die beiden Krisen des Effektenmarktes 1929 bis 1935 und 1938 bis 1940 wahrgenommen? Wie reagierten der Bund und die Börsen auf die neuen wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen für den Wertpapierhandel? Zudem wird gezeigt, wie sich einzelne, mit Ertragsausfällen kämpfende Börsen-agenten und Banken an die neuen Rahmenbedingungen anpassten, indem sie Gewinnchancen in neuen Geschäftsbereichen wahrzunehmen versuchten, die erst durch die Devisenbewirtschaftung, den Machtantritt des NS-Regimes und den Krieg geschaffen wurden. Einerseits verkauften Schweizer Banken in den 1930er Jahren und während des Krieges deutsche Papiere nach Deutschland zurück, die teilweise von Emigranten stammten, die durch die Verwertung ihres Besitzes in der Schweiz zu begehrten Devisen kamen. Andererseits kauften Schweizer Akteure von deutschen Deviseninstituten und von der Reichsbank Schweizer Papiere und in der Schweiz kotierte, internationale Titel. Diese Geschäfte wurden auch nach dem Beginn des Krieges fortgesetzt. Unter diesen Papieren befanden sich nicht nur Titel, die der jüdischen Bevölkerung aus Deutschland geraubt wurden; es handelte sich auch um Wertschriften, die der Bevölkerung der besetzten Gebiete entzogen wurden. Das Kapitel untersucht zudem, mit welchen Mitteln die für das Effektengeschäft zuständigen Schweizer Institutionen den Handel von Kriegsbeutegut in der Schweiz zu verhindern suchten. Schliesslich wird der Ablauf des Handels mit geraubten Wertschriften in der Schweiz gezeigt. Im Zentrum des dritten Kapitels steht die Verwaltung der Kontoguthaben und der Wertschriftendepots ausländischer Kunden, die ihren Besitz vor dem NS-Regime in der Schweiz in Sicherheit brachten. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, aufzuzeigen auf welchen Wegen die Gelder verfolgter Juden und anderer Opfer des NS-Regimes die Schweizer Banken wieder verliessen, bevor in der Nachkriegszeit erste Suchaktionen nach nachrichtenlosen Vermögenswerten stattfanden. Die Untersuchung stellt die oben angesprochenen Wertpapier- und Vermögensver-waltungsgeschäfte in der Art von Fallstudien dar. Dadurch soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Entscheidungsprozesse der involvierten Unternehmen und Behörden nachzuvollziehen sowie die Hintergründe der behandelten Geschäfte kennen zu lernen. Die Darstellung der schweizerischen Wertpapiergeschäfte mit dem «Dritten Reich» und deren Folgen stützt sich auf Quellenbestände aus schweizerischen Bank- und Börsenarchiven. Zusätzlich werden Aktenbestände des Bundesgerichts, des Bundesarchivs und einzelner ausländischer Staatsarchive einbezogen. Die Dissertation entsteht in Zusammenarbeit mit der Unabhängigen Expertenkommission: Schweiz Zweiter Weltkrieg. Unpublizierte Lizentiatsarbeit von Moos’sche Eisenwerke Luzern 1900-1918 Leitungsstrukturen, Krisen und Anpassungsfähigkeit eines Familienunternehmens. Lizentiatsarbeit Universität Zürich 1997.