Entstehung der Konkordanz und Identitätsbildung. Zur Genese eines politischen Handlungsmusters. Ein biographischer Ansatz

AutorIn Name
Marc
Badertscher
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Brigitte
Studer
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2000/2001
Abstract

Das Thema dieser Arbeit fokussiert auf die Entstehungsphase der Konkordanz in der Schweiz. Als Quelle liegt ihr das sich von 1915 bis 1958 erstreckende Tagebuch des späteren Bundesrates Markus Feldmann zu Grunde. Feldmann war einer derjenigen, die sich früh für die interparteiliche Zusammenarbeit und damit für eine erste Erscheinungsform der schweizerischen Konkordanz engagiert haben. So war er auf kantonaler Ebene massgeblich an der Integration der SP in der Berner Regierung 1938 beteiligt. Zu grossen Teilen als Folge seines Einsatzes entstand 1940 zudem das über die Kantonsgrenzen hinaus Wirkung erzielende interparteiliche Gremium PAG (Politische Arbeitsgemeinschaft im Kanton Bern).

 

Die Arbeit nun geht dem politischen Aufstieg Markus Feldmanns in den 1930er Jahren nach und widmet sich dem Verhältnis zwischen Identitätsbildung und politischen Handlungsmustern. Feldmanns Entwicklung hin zum Konkordanzpolitiker zeigt exemplarisch, dass die Entstehung neuer politischer Handlungsmuster – hier die Konkordanz – eng mit biographischen Begebenheiten verbunden ist. Grundlegende Annahme des Autors ist dabei, dass Prozesse der Um- und Neudeutung einer gesellschaftlichen Situation mit den drei Momenten Identität, Deutungsmuster und Handlung in Verbindung zu bringen sind. Das Verhältnis zwischen Identität und Handlung ist dabei ein wechselseitiges: Handeln erzeugt Identität, und Identität eröffnet Handlungsmöglichkeiten.

 

Die Studie zeigt, dass Feldmanns Identitätsbildung in den 1930er Jahren jenen Handlungsdruck zur Folge hatte, der schliesslich zur Propagierung der Konkordanz führte. Zu Beginn dieser Entwicklung stand Feldmanns Bemühen, seine keynesianische Position in sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen innerhalb der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) durch Unterstützung der Jungbauern zur Geltung zu bringen. Die Abspaltung der von seinem Freund Hans Müller geführten Jungbauern von der BGB 1935 und Feldmanns Entscheid, seine politische Karriere auf der Seite der Regierungsverantwortung tragenden BGB weiterzuführen und sich damit von Müller abzuwenden, beendeten dieses Unterfangen. Seine Vorstellung der Integration von sozial- und wirtschaftspolitisch linken Positionen in eine bürgerliche Politik liess sich nun nicht mehr innerhalb der eigenen Partei realisieren. Von diesem Moment an verfolgte Feldmann zur Umsetzung seiner Überzeugungen die Strategie der interparteilichen Zusammenarbeit und avancierte damit zu einem der Wegbereiter der späteren Konkordanz.

 

Die Arbeit zeigt auch, dass dieser Strategiewechsel im Falle von Feldmann eng verbunden ist mit dem Aufbau eines Wertesystems, das auf bestimmten Deutungen von Politik und Gesellschaft beruht: Deutungsmuster zu Staat, Ordnung, Gerechtigkeit und Gesprächskultur. Identitätsbildung ist aber nie nur eine individuelle Angelegenheit. Sie steht immer im Kontext von eben gesellschaftlich verhandelten Deutungsmustern, und deshalb ist Feldmanns Entwicklung weder zufällig noch einzigartig, sondern Ausdruck einer spezifischen Gesellschaftsdeutung in den 1930er Jahren.

Zugang zur Arbeit

Bibliothek

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