XXVIII. KOLLOQUIUM DER WOLFRAM VON ESCHENBACH-GESELLSCHAFT
Die Überlieferungsgeschichte mittelalterlicher Literatur ist von zahlreichen Glücks- und Unglücksfällen geprägt; enorme Bestände von Handschriften sind verloren gegangen, viele Texte sind nur bruchstückhaft erhalten. Um dennoch ein möglichst vollständiges Bild des Bestands und der Entwicklungen mittelalterlicher Literatur zu entwerfen, obliegt es der mediävistischen Literaturgeschichtsschreibung, das unvollständig Überlieferte konsequent und aufmerksam mit zu berücksichtigen. Denn Fragmente spielen eine überaus wichtige, wenn auch besonders komplizierte Rolle für das Verständnis literarhistorischer Prozesse.
Zu unterscheiden sind zum einen Handschriftenfragmente ursprünglich vollständiger Codices, Faszikel, Inkunabeln oder Urkunden und zum anderen Werkfragmente, also unvollendete Texte, deren Fertigstellung durch ihren Autor oder Bearbeiter aus verschiedenen Gründen abgebrochen wurde. Beide Typen von Fragmenten stellen die Germanistische Mediävistik vor komplexe Fragen bezüglich des Zusammenhangs von Literatur- wie Überlieferungsgeschichte und werden im Mittelpunkt der kommenden Tagung stehen.
Fallstudien zum Œuvre Wolframs von Eschenbach bieten sich zu diesem Thema besonders an. Die Tagung soll überdies auch Studien zur fragmentarischen Überlieferung weiterer Werke insbesondere des hohen und späten Mittelalters anregen.
Die Beiträge werden über punktuelle Erkenntnisse zu Handschriften- beziehungsweise Werkfragmenten hinausgehend übergeordnete texttheoretische und literaturgeschichtliche Fragestellungen aufwerfen sowie methodische Überlegungen zum Umgang mit hoch- und spätmittelalterlichen Fragmenten anstellen.