Cfp: Zettelkataloge. Unantastbares Kulturgut, aktiver Forschungsgegenstand oder substituierbares historisches Arbeitsmittel?

30. November 2025
Call for papers

Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz sieht der erfreulichen, dringend be- nötigten Grundinstandsetzung ihres Hauses Potsdamer Straße entgegen. Folglich wird das iko- nische Gebäude von Hans Scharoun und Edgar Wisniewski mit 70.000 m2 Nutzfläche rund 12 Jahre nicht zur Verfügung stehen. Die vorübergehend gesperrte Fläche kann bei weitem nicht vollständig ersetzt werden. Nach Monaten intensiver hausinterner Prüfung hat die Biblio- theksleitung vor diesem Hintergrund entschieden, die seit Jahren im Speichermagazin Fried- richshagen abgestellten historischen Zettelkataloge zu entsorgen, um Räume für die Umrüs- tung zu Kompaktmagazinen frei zu bekommen. Zu dem Beschluss führte die Erwägung, dass die betroffenen Titeldaten inzwischen weitgehend in den elektronischen Katalog „StabiKat“ überführt und dort teilweise informatorisch bereits mit Provenienzdaten u.a. angereichert sind. Zugleich stehen für die umfangreichen Zettelkataloge Reproduktionen auf Mikrofilm zur Verfügung. Bei allgemeiner Anerkennung eines nicht näher quantifizierbaren informationellen Restwerts der Titelkarten war bei der Entscheidung obendrein die Hypothese leitend, dass ohne aufwändige beidseitige Digitalisierung der Millionen Originale kaum ein skalierbares For- schungsdesign zu erarbeiten sei. Zur Dokumentation der historischen Bibliotheksarbeit sah die Lösung die Bildung von exemplarischen „Zeitkapseln“ vor.

Nach Bekanntwerden der vorgesehenen Maßnahme erhob sich ein lautstarker und teils auch durch Missverständnisse bestimmter Protest. Mit Unterstützung des Interims-Vorstands der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) entschloss sich die Bibliotheksleitung in der Folge, die benötigten Räume zunächst durch Verlagerung der Zettelkataloge in eine bibliotheksexterne Liegenschaft der SPK zu gewinnen und den Makulierungsbeschluss somit bis Ende 2026 auf- zuschieben. Das vorgesehene Symposium soll als weiterer Schritt zur Entspannung und Ver- sachlichung der laufenden Debatte dienen. Fasst man die bisher bekannten Stimmen zusam- men, sind im Wesentlichen drei Argumentationsmuster erkennbar. Während eine Gruppe die Ablösung der historischen Arbeitsmittel aus arbeitstechnischen, wirtschaftlichen oder for- schungsstrategischen Gründen für vertretbar hält, wirbt eine andere wegen bisher noch un- gesicherter Informationen und aus Respekt vor dem möglichen Forschungsinteresse künftiger Generationen für die weitere Aufbewahrung der historischen Überlieferung. Eine dritte schließlich erklärt das ursprüngliche Arbeitsmittel zum schützenswerten Kulturgut, wodurch jede weitere Diskussion um den Erhalt oder Nichterhalt der Zettelkataloge grundsätzlich ob- solet wird.

Das Symposium hat die Aufgabe, Argumente zu schärfen, abzuwägen und konkrete Lösungs- wege aufzuzeigen. Welche Forschungsfragen lassen sich spezifisch an den Zettelkatalogen entwickeln? Was spricht für eine Musealisierung der kompletten Zettelkatalogbestände? Wel- chen informationellen (Rest-)Wert repräsentieren die Originale gegenüber den Mikrofilmen und dem StabiKat? Welche Dimension besitzt dieser und wie kann er nachgewiesen und aus dem umfangreichen Konvolut realistisch herausgefiltert werden? Welche Möglichkeiten und Grenzen zeigen alternative Werkzeuge der Informationssicherung wie Mikrofilme und „Stabi- Kat“? Wie lassen sich die einzelnen Kataloge aus insgesamt über 50 Kubikmeter Papier noch differenzieren? Lohnt der Erhalt gegebenenfalls kleinerer Mengen und was könnte tatsächlich makuliert werden?

Zur Teilnahme am Symposium sind insbesondere jene Bibliothekar:innen und Wissenschaft- ler:innen eingeladen, die öffentlich Position bezogen haben. Das Symposium wird fachlich begleitet und mitveranstaltet vom Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin und vom Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 

Teilnahme

Es werden Einreichungen mit einem Abstract von maximal 300 Wörtern im Format PDF oder Word erwartet. Bitte fassen Sie Ihren Beitrag prägnant zusammen und geben Sie Ziel, Metho- dik und erwartete Ergebnisse an. Das Dokument sollte folgende Angaben enthalten: Titel des Vortrags, Name und institutionelle Zugehörigkeit des/der Vortragenden, Kontaktinformatio- nen (E-Mail).

Das Symposium wird am 02.02.2026 als Hybridveranstaltung an der Staatsbibliothek zu Berlin stattfinden. Bitte reichen Sie Ihren Vorschlag bis zum 30.11.2025 unter generaldirek- tion@sbb.spk-berlin.de ein. Alle eingereichten Abstracts werden durch das Programmkomi- tee unter Leitung von Prof. Dr. Vivien Petras und Prof. Dr. Gerhard Lauer geprüft. Annahme oder Ablehnung der Beiträge werden bis spätestens 15.12.2025 bekannt gegeben.

Honorare können nicht finanziert werden. In begründeten Fällen ist die Erstattung von Reise- kosten möglich.

Organised by
Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin und vom Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Event language(s)
German

Zusätzliche Informationen

Kosten

CHF 0.00

Anmeldung

Registration via contact person
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