Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
PD Dr.
Carl Alexander
Krethlow
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2020/2021
Abstract
Eine Personengruppe kommt, wenn es um das im Aussterben von afrikanischem Wild geht, gerne in den Fokus von Kritikern und Naturschützern: die Jäger und damit speziell die Jagdtouristen. Wer kennt nicht die Bilder von strahlenden Touristen in Khakihosen – das Gewehr stolz in der einen Hand, die andere auf dem erlegten Tier? Solche Bilder rufen vielfach Unverständnis oder gar Hass hervor. Wiederholt wird das Thema auch in Presseberichten aufgegriffen. Die Diskussionen darüber stützen sich indes mehrheitlich auf Halbwissen und subjektive Auffassungen. Diese vorliegende Arbeit befasst sich mit der touristischen Jagd im Namibia des 20. und 21. Jahrhunderts. Von der Frage, was die Menschen an der Jagd in Afrika ursprünglich interessierte, bis zu der Frage, ob der Jagdtourismus als Chance für Mensch und Umwelt gesehen werden kann, wird ein breites Bild zum Jagdtourismus in Namibia gezeichnet.
Während die Jäger des 19. Jahrhunderts noch als Grosswildjäger die afrikanischen Steppen leerschossen und damit ihre koloniale Macht demonstrieren konnten, änderte sich dies bereits um 1900. Die kontinuierlich abnehmenden Wildbestände führten zu ersten Überlegungen im Bereich des Naturschutzes. In Namibia war bereits die Kolonialregierung Deutschlands mit diesem Problem konfrontiert und begann die Jagd zu regulieren sowie Naturschutzgebiete festzulegen. So fallen die in der Arbeit vorgestellten Persönlichkeiten wie Theodore Roosevelt oder Vivienne von Wattenwyl nicht mehr in die Kategorie der Grosswildjäger, doch reine Sportjäger waren sie auch nicht. Sie stehen für eine Übergangszeit, in der der Abschuss von Wild durch ihren Gebrauch als Exponate in Naturhistorischen Museen auf der ganzen Welt gerechtfertigt wurde.
In den 1920er Jahren, nach der Übernahme Namibias durch die südafrikanische Regierung, strömten die ersten Jagdtouristen ins Land. Genau dies tat auch Fritz Gaerdes – der Protagonist des zweiten Kapitels – , der sich auf eine sechsmonatige Reise nach Namibia begab. Sein Ziel war, die abenteuerliche afrikanische Safari persönlich zu erfahren. Der Lehrer aus Vegesack bei Bremen blieb in Namibia und prägte das dortige Jagdwesen massgeblich. Bereits in den 1930er Jahren dachte Gaerdes über den Wert von Wildtieren nach und wie dieser zu nachhaltigen Jagdpraktiken führen könnte. Doch die Zeit war noch nicht reif. Gaerdes wandte sich anderen Themen wie der Entomologie zu, welche ihm zu einem guten Ruf auch bei der südafrikanischen Regierung verhalf. Dadurch gelangte er auch in den Wildschutzrat und konnte schliesslich seinen Ansatz, dem Wild mehr Wert zu geben, in der Regierung durchsetzen. Ab 1955 gehörte den Farmern das Wild, welches sich auf ihrem Land bewegte und sie durften ohne Jagdlizenz auf der Farm jagdbares Wild jagen. Dieses neue Gesetz wurde scharf von der Bevölkerung wie auch der Jägerschaft kritisiert, doch nur Jahre später stellte es sich als richtungsweisend heraus. Das Jahr 1955 stellt daher ein Meilenstein für die namibische Jagd dar.
Ab 1960 begannen sich Farmer wie Marga Vaatz Gedanken zum Jagdtourismus in Namibia zu machen. Die ersten Jagdfarmen entstanden. Kurz darauf wurde mit ANVO Safaris das erste Safariunternehmen des Landes geschaffen. Der Jagdtourismus wurde besonders für Farmer zu einem lukrativen Erwerbszweig und es zeigte sich, dass sich gewisse Wildbestände wieder erholen konnten. Die 1974 verabschiedete Nature Conservation Ordinance hat bis heute in ihren Grundzügen ihre Gültigkeit nicht verloren. Sie definierte zum ersten Mal die verschiedenen Berufsgattungen wie Berufsjäger oder Safariunternehmer und legte Regeln im Umgang mit Wild und Touristen fest.
Hubertus Graf zu Castell-Rüdenhausen, der seit 1935 in Namibia lebte, war nicht nur ein leidenschaftlicher Jäger und ab 1974 eingetragener Berufsjäger, er bezeichnete sich selbst auch als Naturschützer. Für ihn waren dies keine sich widersprechenden Begriffe. Einen grossen Teil seines Lebens setzte er sich im SWA Jägerverein (später SWA Berufsjäger/NAPHA), dem Conseil International de la Chasse sowie privat mit Artikeln und Vorträgen für eine nachhaltige Jagd ein. Er verurteilte bereits in den 1980er Jahren Naturschutz, der die Jagd kritisierte und sah in der touristischen Trophäenjagd das Potenzial, den Wildbestand in Namibia nachhaltig zu schützen.
Spätestens seit der Unabhängigkeit 1990 ist jedem Bewohner Namibias der Naturschutz ein Begriff. Doch während immer mehr Strukturen zum Schutz des Wildes erstellt werden, wächst auch der Unmut der Weltbevölkerung über die Jagd. Damit haben Jagdorganisationen wie die NAPHA zu kämpfen. Besonders drohende Einfuhrverbote von Trophäen würden diesen Tourismuszweig zum Erliegen bringen. Dass diese Verbote sich negativ auf den Wildbestand auswirken könnten, zeigen Untersuchungen des WWF und des IUCN. Denn dank dem Ansatz des Community-based Natural Resource Management (CBNRM) wurde das Wild auch denjenigen Bevölkerungsgruppen zuteil, welche unter den unterschiedlichen Regierungen des 19. und 20. Jahrhunderts in Namibia besonders zu leiden hatten.
Die Jagd zu touristischen Zwecken kann aus ethischer Perspektive nur schwer gerechtfertigt werden. Dennoch ist es fraglich, ob ein Verbot der Trophäenjagd und dessen Konsequenzen ethisch unproblematischer sind. Berichte wie derjenige der IUCN zeigen deutlich, dass, wenn richtig angewendet, Trophäenjagd den Schutz gewisser Tierarten sicherstellen kann und Namibia ein Vorzeigeland für nachhaltige Trophäenjagd darstellt.