Ein Jubiläum zum Vergessen. Die schwierige Erinnerung an die Gründung Jugoslawiens

AutorIn Name
Nikola
Stosic
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Siegfried
Weichlein
Institution
Seminar für Zeitgeschichte
Place
Fribourg
Year
2021/2022
Abstract
2018 ereignete sich auf dem Balkan ein Jubiläum, welches kaum kommemoriert, geschweige denn zelebriert wurde: der einhundertste Jahrestag der Gründung des Königreichs Jugoslawien. Die Gründungsgeschichte des multiethnischen Staates ist wie kaum eine andere mit Krieg und Komplexität verbunden. Diese Masterarbeit beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit den innerjugoslawischen Geschichtsdebatten rund um das Jubiläum. Wie in der serbischen und in der kroatischen Öffentlichkeit 2018 an die Gründung Jugoslawiens im Jahr 1918 erinnert wurde, bildet die wesentliche Fragestellung für diese Arbeit. Hierzu wird ein Blick auf die Rolle der Geschichtswissenschaft in den dazugehörigen geschichtspolitischen Debatten geworfen. Dabei dient die mediale Geschichtspolitik als eigentliche Schaubühne der Aufarbeitung. Die diskurskontextualisierende Analyse soll auch aufzeigen, ob historiographische Kontinuitäten zwischen der Erinnerung an 1918 und der post-sozialistischen Neuausrichtung der jugoslawischen Geschichtswissenschaften in den 1990er Jahren zu erkennen sind. Mithilfe einer Diskurs- und qualitativen Inhaltsanalyse von populär-historischen Quellen innerhalb der serbischen und kroatischen Medienlandschaft zeigt diese Arbeit auf, wie der Deutungskampf um die jugoslawische Vergangenheit zu einer Tabloidisierung der Erinnerung und einer Vergesellschaftung von Geschichte sowohl in Kroatien als auch in Serbien geführt hat. Im Vordergrund der Erinnerung steht nicht die Gründung des ehemaligen Staates, sondern sein Zerfall. Die Aufarbeitung des Jubiläums bewegt sich deutlich entlang reproduzierter national-ethnischer Diskurse. Die scharfe historische Polemik rund um die Vergangenheit trägt zu einer voranschreitenden Polarisierung der nationalen Geschichtskulturen bei. Historikerinnen und Historiker bewegen sich dabei in einer hoch emotionalisierten und ikonoklastischen Gedenkarena. Gedächtnis- und Erinnerungsforschung auf dem Balkan hat deshalb einen schweren Stand. Die ethnischen Identitäten und deren Erinnerungspraktiken auf dem Balkan waren und bleiben ein Hindernis für den nachhaltigen Aufbau einer allgemein gültigen Interpretation der jugoslawischen Vergangenheit.

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