Gegenwärtige Programme für studieninteressierte Flüchtlinge erfordern mehr Aufmerksamkeit, effizientere Koordination und nachhaltige Ideen. Die Dissertation über «Flüchtlinge als Student*innen an Schweizer Hochschulen, 1946-1975» untersucht die Aushandlungsprozesse zur Ermöglichung (oder Verhinderung) eines Studiums für Flüchtlinge an Schweizer Hochschulen während der ersten drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Ausgehend von der These, dass ein reguläres Hochschulstudium konstitutives Element gelingender Integration sein kann, unternimmt die Dissertation die fundierte historische Analyse eines Themenkomplexes, der bislang wissenschaftlich noch nicht erschlossen wurde. Die untersuchungsleitende Forschungsfrage lautet: Welche politischen, akademischen, institutionellen und gesellschaftlichen Faktoren beeinflussten während der Jahre 1946-75 die Möglichkeiten von Flüchtlingen, an Schweizer Hochschulen ihre akademische Ausbildung zu beginnen, fortzuführen und/oder abzuschliessen? Nach ausführlichen Vorüberlegungen geht die Arbeit quellennah und fallspezifisch vor. In vier Zeitschnitten wird je eine Gruppe fokussiert: Flüchtlinge aus Ungarn ab 1956, Algerien ab 1958, der CSSR ab 1968 und Chile ab 1973. Die historische Perspektive bietet sich an: Während der Jahre 1946-75 studierten über 1'500 Flüchtlinge an Schweizer Hochschulen, hunderte verliessen diese mit regulären Abschlussdiplomen. Im Zusammenhang mit Flüchtlingsstudent*innen haben sich immer wieder Wege gezeigt, wie das Zusammenleben und -wirken mit Migrant*innen in einer nationalstaatlich verfassten Gesellschaft gelingend gestaltet werden kann. Dennoch bilden historische Studien zur Gruppe der Flüchtlingsstudent*innen eine Forschungslücke, weshalb gegenwärtige Herangehensweisen an die Thematik nicht in der Lage sind, historische Erkenntnisse nutzbar zu machen. Die geplante Dissertation wird zum Gewinn dieser Erkenntnisse entscheidend beitragen.
Publikation: https://www.chronos-verlag.ch/node/28568