Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Cristina
Späti
Institution
Seminar für Zeitgeschichte
Place
Fribourg
Year
2019/2020
Abstract
Zwischen 1943 und 1945 wurden auf Befehl Heinrich Himmlers in zehn Konzentrationslagern in Deutschland, Österreich und Polen Lagerbordelle errichtet mit dem Ziel, die Arbeitsproduktivität der männlichen Häftlinge zu steigern. Geschätzte 210 weibliche Häftlinge aus dem Frauen-KZ Ravensbrück wurden in den sogenannten «Sonderbauten» sexuell ausgebeutet. Aufgrund der langjährigen gesellschaftlichen Tabuisierung der geschlechtsbezogenen Gewalt im Nationalsozialismus wurde das Thema erst Anfang der 1990er Jahre zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Die Masterarbeit setzt sich in einem ersten Teil mit der historischen Aufarbeitung auseinander und entwirft eine Darstellung der Geschichte der Sex-Zwangsarbeit und der KZ-Bordelle vor dem Hintergrund der extrem patriarchalen NS-Sexual- und Bevölkerungspolitik. In einem zweiten Teil wird anhand einer vergleichenden Museumsanalyse untersucht, wie die Geschichte der Zwangsarbeit in Lagerbordellen in den Hauptausstellungen der Gedenkstätten Neuengamme, Flossenbürg und Ravensbrück präsentiert wird und welche diskursive Praxis die Ausstellungsentwicklung und Darstellungslogik mitinformierte. Über das Expert*inneninterview mit den Kurator*innen werden die spezifischen Entstehungs- und Entwicklungskontexte der jeweiligen Ausstellungen aufgezeigt.
In allen drei Ausstellungen wird die sexuelle Ausbeutung in KZ-Bordellen als schwere Form der Zwangsarbeit verhandelt und als Teilaspekt des Gewaltsystems Konzentrationslager dargestellt. Diese Sichtbarkeit der Thematik in der Ausstellung umfasst unterschiedliche Arten der Repräsentation. Die Kategorie Gender wird in der Ausstellung der Gedenkstätte Flossenbürg nicht mitreflektiert, in der Ausstellung der Gedenkstätte Neuengamme nur in Verbindung mit frauenspezifischen Aspekten. Wird das Geschlechterverhältnis nur in Bezug auf die Kategorie Frau thematisiert, bleiben (historische) Männerbilder und Männerrollen als Konstruktionen unsichtbar. Als ehemaliges Frauenlager basiert die Ausstellung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück auf einer geschlechterhistorischen Perspektive, die auch Männer als Geschlechtswesen begreift, und zeigt dementsprechend eine geschlechtersensible Darstellung des Gewaltverhältnisses Lagerbordell.