Witterungsbedingte Ausgaben des Basler Rates. Eine Untersuchung der Basler Wochen-Ausgabenbücher 1600-1650

AutorIn Name
Fiona
Spycher
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Rohr
Codirection
Dr. Oliver Wetter
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2016/2017
Abstract


Kleinere Hochwasserereignisse oder sonstige witterungsbedingte Anomalien gingen in der Vergangenheit in erzählenden Quellen oft unter. Die Masterarbeit will eine dieser Lücken schliessen, indem solche kleineren Ereignisse mit geringem bis gar keinem Schadenpotential anhand der Wochen-Ausgabenbücher des Basler Rates rekonstruiert werden. Der praktisch lückenlose Bestand dieser Quelle zwischen 1401 und 1799 gewährt einen kontinuierlichen Einblick in das Rechnungswesen und die Wirtschaftsgeschichte der Stadt zu dieser Zeit. Vor allem aber werden darin auch die Variabilität des Klimas und deren Auswirkungen in Form von Hochwasserereignissen und Erntedaten greifbar. Der Untersuchungszeitraum wurde auf die Zeit von 1600 bis 1650 festgelegt.

Bei den Hochwasserereignissen musste aufgrund der nüchtern gehaltenen Quelleneinträge darauf verzichtet werden, Hochwasserschäden genauer zu definieren und zu skalieren. Die erhobenen Daten konnten aber mit solchen aus der instrumentellen Messperiode verglichen und interpretiert werden. Dabei wurde etwa auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der saisonbedingten Verteilung von Hochwasserereignissen geachtet. Bei der Analyse der dokumentierten Überwachung von Gewässern, insbesondere im Zuge von Hochwasserereignissen, fiel ein deutlicher Unterschied zwischen der ersten und zweiten Hälfte des untersuchten Zeitraums auf. Diese Beobachtung eines Wechsels der Hochwasserfrequenz im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts war keine neue Entdeckung an sich, sondern konnte bereits an mehreren zentraleuropäischen Flusssystemen nachgewiesen werden. Um die spezifische Situation in Basel weiter beurteilen zu können, müssen die Ergebnisse für die Zeit vor und nach dem ausgewählten Zeitraum abgewartet werden. So könnte festgestellt werden, ob die ereignisarme Periode in den ersten Jahrzehnen des 17. Jahrhunderts tatsächlich erst seit ungefähr 1600 einsetzte und somit die Zeit von 1570–1600 ereignisreicher war bzw. wie lange die hohe Frequenz an Überschwemmungen im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts nach 1650 anhielt.

Nebst den Hochwassern wurden weitere witterungsbedingte Ausgaben des Basler Rates gesammelt und untersucht. Die Lohnzahlungen an die Mäher der Stadtwiesen und die daraus abgeleiteten jährlichen Heuschnittdaten ergaben einen Überblick über jährliche Verschiebungen der Schnittdaten aufgrund frühsommerlicher und sommerlicher Niederschläge und Temperaturen. Bei der Untersuchung der Heuschnittdaten wurden die beiden jährlichen Schnittdaten mit Temperatur- und Niederschlagsrekonstruktionen kombiniert. Die Niederschlagsdaten korrelierten mit den Heuschnittdaten: Je niederschlagsreicher die Monate April, Mai und Juni, desto später im Jahr waren die Heuschnitttermine angesetzt. Hingegen wurden die Wiesen früher geschnitten, je trockener die Frühlings- und Frühsommermonate waren. Bis zu einem gewissen Grad hingen auch die Juli- August-Niederschlagsrekonstruktionen mit der Wahl des zweiten Heuschnittdatums zusammen. Auch hier galt die Regel, je niederschlagsreicher die beiden Sommermonate Juli und August waren, desto später wurde im August und September das Emd geerntet. Zusätzlich liessen sich signifikante Zusammenhänge zwischen der (März-)April-Mai-Juni-Juli-Temperatur und der Wahl des ersten Schnittdatums nachweisen: Je wärmer die Frühlings- und frühsommerlichen Monate waren, desto früher wurden die städtischen Wiesen geschnitten. Die Emddaten erwiesen sich als ungeeignet für die Korrelation mit den vorhandenen MAMJJ-Temperaturen; nötig wären hier spätsommerliche Temperaturrekonstruktionen gewesen.

Für die Rekonstruktion von klima- und umweltrelevanten Informationen eigneten sich die sehr sachlich und kurz gehaltenen Quelleneinträge nur bedingt. Die gewonnenen Daten zeigten jedoch den saisonalen Verlauf von Hochwasserereignissen an den verschiedenen Gewässern im Raum Basel auf, ebenso mögliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede beim Auftreten von Ereignissen im Vergleich zu instrumentell gemessenen Daten.

Die Wochen-Ausgabenbücher konnten schliesslich nicht bloss für Informationen zum Städte- und Wasserbau, zu Hochwasserereignissen sowie Schnittdaten der Wiesen genutzt werden, sondern bargen auch unzählige Informationen zum alltäglichen Leben im 17. Jahrhundert: Almosen, Verurteilungen, Todesstrafen und der Verlauf von Krankheiten bei Mensch und Tier prägten den Lebensalltag in Basel.

External ID
172207

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