„... für die Zweke des vaterländischen Wehrwesens ...“ Die bundesbehördliche Handhabung fremder Dienste 1859-1927

AutorIn Name
Guido
Mülhaupt
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
PD Dr.
Daniel
Segesser
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2011/2012
Abstract


Das Söldnerwesen war zu einer Jahrhunderte alten schweizerischen Tradition geworden, als die Bundesverfassung 1848 den Abschluss von Militärkapitulationen zur Errichtung von Schweizerregimentern im Ausland untersagte. Dieser politische Prozess verschärfte die gesetzlichen Bestimmungen zu fremden Diensten in mehreren Schritten und gipfelte 1927 schliesslich im definitiven Fremdendienstverbot durch Art. 94 des heute noch gültigen Militärstrafgesetzes. Die Untersuchung legt in einem einführenden Kapitel die Entwicklung dar, welche zum „Bundesgesetz betreffend die Werbung und den Eintritt in den fremden Kriegsdienst“ vom 30. Juli 1859 führte, und analysiert auf dieser Grundlage im Hauptteil dessen Anwendung durch die Bundesbehörden. „Der Bundesrath kann eine solche Bewilligung nur zum Behufe weiterer Ausbildung für die Zweke des vaterländischen Wehrwesens ertheilen“ – Art. 1 des Bundesgesetzes von 1859 erlaubte einem Schweizerbürger den Eintritt in Truppenkörper des Auslandes, falls diese zu den Nationaltruppen des betreffenden Staates gehörten. Wenn eine Armee nicht als Nationaltruppe ihres Landes betrachtet wurde, konnte der Bundesrat eine Bewilligung dazu zwar erteilen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Dienst des Gesuchstellers in einer fremden Armee zwecks seiner militärischen Weiterbildung geleistet wurde und diese dann später der Schweizer Armee zugute kommen würde. Die umständliche, nicht zu sagen unglückliche Formulierung dieser Bestimmung gibt den ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nicht in befriedigendem Masse wieder und führte während deren knapp siebzigjährigen Gültigkeitsdauer oft zu Konfusionen. Es drängt sich daher die Frage auf, wie diejenigen Akteure diesen Gesetzesartikel interpretierten, die ihn anzuwenden hatten. Gegenstand der Untersuchung sind die Verfahren, in denen die Bundesbehörden im Untersuchungszeitraum Gesuche um Bewilligung des Eintritts in fremde Dienste behandelten. Durch die Analyse der überlieferten Akten von gut achtzig Bewilligungsverfahren wird dargelegt, wie die zuständigen Behörden das Gesetz anwendeten, welche Stellen dabei miteinbezogen wurden und welche Argumente die beteiligten Akteure vorbrachten. Bei der Betrachtung der Bewilligungsverfahren fällt die Bereitschaft der eidgenössischen Behörden auf, Schweizern bei deren Vorhaben, in fremde Dienste zu treten, zu unterstützen; so verhalfen sie in mehreren Fällen Gesuchstellern auf diplomatischem Wege zu Anstellungen in ausländischen Armeen. Wenn der Bundesrat nicht in Erfahrung bringen konnte, ob es sich bei einer ausländischen Armee um eine zu den Nationaltruppen gehörende handelte, entschied er praktisch immer zugunsten des Gesuchstellers und erlaubte diesem den Eintritt in den gewünschten Truppenkörper.

Der Bundesrat hatte sich bei Inkrafttreten des Bundesgesetzes von 1859 klar ausgedrückt, in welchen Truppen der Dienst von Schweizern untersagt sein sollte: In den Regimentern in Rom und Neapel, in der französischen Fremdenlegion und in der Königlich Niederländisch Indischen Armee. Zwar bestätigten die zuständigen Behörden in der Bewilligungspraxis diese Haltung in Bezug auf die päpstlichen Truppen, eine konstante Befolgung der Vorgabe bezüglich französischer Fremdenlegion lässt sich jedoch nicht feststellen. Im Gegenteil: Schweizern wurde der Eintritt in die Fremdenlegion oft nicht nur erlaubt, obwohl diese Truppe vom Militärdepartement durchwegs als nicht zu den Nationaltruppen Frankreichs gehörend angesehen wurde; die Behörden verhalfen mittels diplomatischer Aktivitäten einzelnen Schweizern sogar zu Anstellungen in Nordafrika. Den Status der Königlich Niederländisch Indischen Armee beurteilte der Bundesrat nicht im Sinne des Gesetzes und gestattete nach einer Rekrutierungsanfrage der niederländischen Regierung Ärzten aus der Schweiz während mehreren Jahren, sich für fremde Dienste nach Niederländisch-Indien zu begeben.

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