Die Volksschule in der Basler Landschaft am Ende des 18. Jahrhunderts. Die Schule zwischen Ancien Régime und der Moderne

AutorIn Name
Zhenguang
Cam
Academic writing genre
Licenciate thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Heinrich R.
Schmidt
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2008/2009
Abstract


Die Gründung der Helvetischen Republik fand im Jahr 1798 statt, nur kurze Zeit nach der „Bürgerlichen Revolution“ in Basel. Inmitten dieser politischen Wirren strebten einige Basler Bildungsbürger unmittelbar nach der Basler Revolution eine Bildungsreform an. Obwohl die politische Situation zu diesem Zeitpunkt instabil war, erschien sie aus der Sicht der revolutionären Bürger ideal, um neue Projekte zu lancieren und das alte System abzuschaffen. Die Volksschulbildung stand bis vor der Basler Revolution unter der Aufsicht der Kirche und galt als eine Institution des Ancien Régime: Die Bildungsreform hatte deshalb eine hohe Priorität.

Die Lizentiatsarbeit befasst sich mit den Volksschulen in der Basler Landschaft. Als wichtigste Quelle dient eine an die Basler Schulgemeinden gerichtete Enquete, das heisst eine amtliche Untersuchung in Form einer Umfrage: Sie wurde im März 1798 erstellt und enthält über 300 Seiten handgeschriebene Antworten zu den Fragen der Schulkommission. Die neue bürgerliche Regierung erhoffte sich, mit Hilfe der Schulverantwortlichen konkrete Pläne für die Verbesserung der Schulen formulieren zu können. Aus diesem Grund enthielt die Umfrage nicht nur Fragen zu den verschiedenen Fächern, zu den Lehrmitteln und zur Schuldauer, sondern bot den für die Schule verantwortlichen Pfarrern und Lehrern auch die Möglichkeit, die Missstände aufzuzeigen und zu kritisieren. Die instabile politische Lage verhinderte die Regierung jedoch, die Schulreform in Angriff zu nehmen. Der Aufwand für die Erstellung der Enquete stand deshalb in einem schlechten Verhältnis zum tatsächlichen Erkenntnisgewinn.

Um die zahlreichen Antworten sinnvoll auswerten zu können, werden in der Lizentiatsarbeit einzelne Aussagen in der Umfrage einerseits qualitativ untersucht, andererseits die Methoden der Statistik angewendet, um alle Antworten auf einen Nenner zu bringen. Die Untersuchung befasst sich mit den folgenden Fragen: In welchem Zustand war das Schulhaus, wer kümmerte sich um dessen Unterhalt, und welche Personen hatten die Verantwortung über die Schule? Wie rekrutierten die Gemeinden ihr Lehrpersonal, reichten die Löhne für die Lehrer zum Überleben aus, und aus welchen Mitteln wurden sie zusammengesetzt? Wie viele Kinder besuchten die Schule, wie oft und beständig nahmen sie am Unterricht teil, und in welchen Fächern mussten sie sich vom Lehrer prüfen lassen? Die Studie enthält auch die Auswertung einer Examensliste: Mit Hilfe der quantifizierenden Methoden werden sowohl der Leistungsschnitt als auch die Notenverteilung eruiert, differenziert nach Geschlecht und Gemeinde.

Die im Jahr 1798 erstellte Enquete aus Basel liefert neue Erkenntnisse, die zum Teil nicht mit der gängigen Beschreibung der frühneuzeitlichen Schulen übereinstimmen. Die untersuchten Quellen differenzieren die Kinder nach Geschlecht und ermöglichen deshalb einen Vergleich der Leistungen zwischen Knaben und Mädchen. Dabei erzielten die Mädchen nicht nur in Lesen und Schreiben im Durchschnitt bessere Noten, sondern besuchten die Schule mindestens genau so oft wie die Knaben. Die Studie zeigt, dass in den Volksschulen die Jungen nicht bevorzugt wurden, im Gegensatz zu den höheren Schulen und in den Universitäten, die in der frühen Neuzeit Mädchen und Frauen ausschlossen. Die Umfrage gewährt den Leserinnen und Lesern einen Blick auf das Schulwesen des Ancien Régime, das in gewissen Aspekten bereits modern war und trotz regionaler Unterschiede über ein einheitliches Schulprogramm verfügte. Die Kirche kontrollierte die Schule in den Gemeinden und schrieb eine religiöse Erziehung vor. Trotzdem gehörten die Pfarrer zu den eifrigsten Reformern und arbeiteten auch nach der Jahrhundertwende an der Verbesserung des Schulwesens, obwohl die Volksschule im 19. Jahrhundert nicht mehr der Kirche unterstellt war. Die Lizentiatsarbeit zeigt deshalb, dass die niederen Schulen in der Basler Landschaft schon vor der Helvetik über ein solides Fundament verfügten, auf das die späteren Reformer das moderne Schulwesen aufbauen konnten.

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