Promovenden der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1837-1913. Eine quantitative Analyse der Lebensläufe der Promovenden der Geisteswissenschaften in Berlin

AutorIn Name
Daniel
Hardegger
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Joachim
Eibach
Institution
Historisches Institut
Place
Bern
Year
2011/2012
Abstract
Die Friedrich-Wilhlems-Universität zu Berlin war die grösste und, national wie international, bekannteste Universität im Deutschen Reich. Gegründet 1810 hat sie innerhalb weniger Jahrzehnte den anderen deutschsprachigen Universitäten sowohl bezüglich Renommee wie Grösse den Rang abgelaufen. Ausserdem war die Universität durch ihre Lage mitten im politischen Zentrum Berlins und des Deutschen Reiches dem Spannungsfeld von Politik und Wissenschaft ausgesetzt wie kaum eine andere Universität dieser Zeit. All dies, nebst der Vielzahl an wissenschaftlichen Vereinen und Institutionen in Berlin, machte die Universität nicht nur zu einer attraktiven Ausbildungsstätte für Studenten, sondern auch zu einer bevorzugten Forschungsstätte für Promovenden und Professoren. Während nun diese beiden Gruppen in vorherigen Studien zumeist im Fokus standen, werden hier die Promovenden als Gruppe zwischen den Studenten und dem Lehrkörper in den Mittelpunkt gestellt. Das Ziel dieser Untersuchung ist eine quantitative Analyse der Lebensläufe der Promovenden der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin an der Philosophisch-historischen Fakultät von 1837-1913. Als Quelle dienen Dissertationen, die die Universitätsbibliothek Bern lagert, und die offiziellen Statistiken der Friedrich-WilhelmsUniversität zu Berlin, wobei nur jene Dissertationen untersucht wurden, die nicht der heutigen naturwissenschaftlichen Fakultät zugesprochen werden würden. Untersucht wurde jeweils der den Dissertationen von den Promovenden beigefügte Lebenslauf. Die Verwendung der Methode der kollektiven Biografie nach Wilhelm Heinz sowie Lawrence Stone ermöglicht dabei die Darstellung der sozialen Struktur und Mobilität der Gruppe der Promovenden. Insgesamt wurden 2431 Dissertationen untersucht, davon konnten 1298 den Geisteswissenschaften zugeordnet werden. Als Faktoren festgelegt wurden nebst der sozialen Herkunft des Promovenden auch seine geographische Herkunft, sein Alter bei Abgabe der Dissertation, sein Geschlecht sowie seine Religion und Konfession. Während die Einteilung bezüglich der sozialen Herkunft der Promovenden auf der Studie von Marita Baumgarten zu den Professoren im 19. Jahrhundert basiert, wurde die Einteilung der geographischen Herkunft nach den einzelnen Ländern und Provinzen des Deutschen Reiches vorgenommen. Bei Promovenden, die von ausserhalb des Deutschen Reiches stammen, wurde das jeweilige Herkunftsland in die Untersuchung aufgenommen. Bei der Religion respektive Konfession erfolgte die Einteilung nach der jeweiligen christlichen Konfession sowie der jüdischen Religion. Mitglieder anderer Religionen sowie Promovenden, die angeben, keiner Konfession anzugehören, wurden zusammen erfasst. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wird die Entwicklung des Bürgertums im untersuchten Zeitraum, insbesondere der Aufstieg des Wirtschaftsbürgertums sowie das Auseinanderdriften des Nationalismus und Liberalismus nach der Reichsgründung 1871 dargestellt sowie die Rolle und Entwicklung der Studenten und der Professoren im Deutschen Reich und in Berlin im speziellen analysiert. Im zweiten Teil folgt die Beschreibung der Resultate, gegliedert nach den einzelnen Kategorien der Untersuchung. Diese werden mit den Ergebnissen der Bevölkerungszählungen im Deutschen Reich sowie Untersuchungen zu den Studenten und Professoren, insbesondere der Studie vom Marita Baumgarten, verglichen. In einem gesonderten Kapitel wird schliesslich die Rolle der weiblichen Promovenden, insbesondere jene vor und nach der Einführung des Frauenstudiums in Berlin 1908, und deren Entwicklung dargestellt. Die Untersuchung zeigt, dass sich die Entwicklung im Bürgertum im 19. Jahrhundert auch in Teilen bei den Promovenden widerspiegelt. Insbesondere der Aufstieg des Wirtschaftsbürgertums zeigt sich deutlich. Des Weiteren nutzen gerade die neu entstehenden Berufsgruppen wie die Angestellten und Postwie Bahnbeamten die Möglichkeit, sich mit einer Promotion von anderen sozialen Gruppen, insbesondere dem Proletariat, abzugrenzen. Gleichzeitig erkannten gerade jene Berufsgruppen, die im Bereich der Lehre tätig waren, den Nutzen und die Aufstiegsmöglichkeiten einer Promotion, was sich in der steigenden Zahl an Promovenden aus nichtakademischen Lehrerfamilien widerspiegelt. Die steigende Zahl der Promovenden ausserhalb Berlins und Brandenburgs zeigt einerseits die steigende Mobilität der Studierenden, andererseits auch die Attraktivität der Universität über die Grenzen hinaus. Die überdurchschnittlich grosse Zahl an jüdischen Promovenden nach Abschaffung der Restriktionen 1871 weist darauf hin, dass insbesondere die Juden die mit einer Promotion verbundenen Möglichkeiten in Beruf und Gesellschaft erkannten.

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