Werte im Wandel. Das zivil-militärische Verhältnis im Spiegel schweizerischer Elitendiskurse, 1970-2010

Nom de l'auteur
Moccand
Dominic
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Christian
Gerlach
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2013/2014
Abstract
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit der Reaktion der politischen und militärischen Eliten der Schweiz auf den Wertewandel, der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollzogen hat, und damit auch auf die Veränderung des Verhältnisses zwischen Militär und Gesellschaft. Die Dokumentation dieser Reaktionen ist in der Schweiz bis anhin sehr dürftig ausgefallen. Die Arbeit versteht sich deshalb als Beitrag zu einem kulturhistorischen Thema, das nicht nur die Schweiz in den letzten fünfzig Jahren stark geprägt hat, sondern ganz Europa. Denn mit dem Wandel des zivilmilitärischen Verhältnisses ging nicht nur ein Wandel der Werte einher, sondern auch gemeinhin als selbstverständlich geltende Auffassungen von nationaler Identität, von sozialer Zusammengehörigkeit und von Geschlechterrollen wurden in ihrem Kern wesentlich tangiert. Die Methode der historischen Diskursanalyse nach Achim Landwehr soll dazu dienen, der komplexen und vielschichtigen Entwicklung gerecht zu werden. Der erste Teil der Arbeit befasst sich auf der theoretischen Ebene einerseits mit dem Konzept des Wertewandels, und andererseits mit den Eigenheiten der zivil-militärischen Beziehungen in Europa und in der Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert. Der Wertewandel wird anhand der methodischen Zugänge von Ronald Inglehart und Helmut Klages illustriert und in einen grösseren Kontext gesetzt. Dabei werden sowohl die Ursachen und Folgen des Wertewandels thematisiert, als auch auf die Kritik an den beiden Wertewandeltheorien eingegangen. Zeitlich umfasst der Wertewandel die Jahre 1960 bis 1990 und lässt sich als Abkehr von Überlebens-, Pflicht- und Akzeptanzwerten und Hinwendung zu säkular- rationellen Selbstentfaltungswerten beschrieben. Das zivil-militärische Verhältnis und dessen Entwicklung und Implikationen für die schweizerische Gesellschaft stehen im Zentrum der nächsten Kapitel. Konkret geht es um die beiden Prozesse der Militarisierung und Zivilisierung im 19. Jahrhundert und um jene der Demilitarisierung und Remilitarisierung im 20. Jahrhundert. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Quellenbestände einer historischen Diskursanalyse unterzogen. Die Quellen setzen sich einerseits aus 460 untersuchten Artikeln aus der Allgeme nen Schweizerischen Militärzeitschrift zusammen (Jg. 1970-2010), deren Zielpublikum das Offizierskorps war, und andererseits aus den Amtlichen Bulletins des Schweizer Parlaments. Die amtlichen Bulletins beinhalten die Wortprotokolle des National- und Ständerats. Daraus wurde im Hinblick auf bestimmte militär- und sicherheitspolitische Abstimmungen zwischen 1970 und 2010 ausgewählt. Der Quellenkorpus wurde im Folgenden einer makro- und mikrostrukturellen Analyse unterzogen, wobei die zentralen Aussagen und diskursiven Themen in zeitlicher Abfolge untersucht worden sind. In der anschliessenden, synoptischen Diskursanalyse wurden die einzelnen Diskursstränge zusammengeführt und analysiert. So hat sich gezeigt, dass sich die Schweizer Elitendiskurse im Hinblick auf den Wertewandel als vehemente Abwehr- und Exklusionsdiskurse konstituieren. Das zentrale diskursive Thema ist die Angst vor dem Verlust der eigenen Identität, der Deutungshoheit und der Macht des Funktionssystems ‚Militär’. Zudem konnte derselbe Wertewandel, der die Gesamtgesellschaft in den letzten fünfzig Jahren erfasst hatte, auch bei der Schweizer Armee festgestellt werden. Zentrale Sachverhalte wie die Einstellung gegenüber weiblichen Soldaten, dem Zivildienst oder dem Sinn und Zweck der allgemeinen Wehrpflicht haben sich der Zeit angepasst und unterliegen demselben individualistischen und auf Selbstentfaltungswerte ausgerichteten Wertesystem wie i.e die Gesamtgesellschaft. Die 1990er Jahre erscheinen dabei als Durchbruch in einer längeren Entwicklung, in der die Eliten schon seit den 1980ern den Wertewandel nicht mehr nur Splittergruppen zuschrieben, sondern als in der Mitte der Gesellschaft existent erkannten.

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