Vom Kastner bis zum Kammermeister. Ein Rekonstruktionsversuch der bischöflich-fürstlichen Finanzverwaltung des Bamberger Hochstifts anhand der Kammeramtsrechnung 1487/88

Nom de l'auteur
Corina
Liebi
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Christian Hesse
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2020/2021
Abstract
Im Spätmittelalter war der Bamberger Bischof Vorsteher zweier Verwaltungen, jener des Hochstifts und des Bistums. Diese Doppelfunktion der Reichsbischöfe ist hinreichend bekannt, doch standen ihre Auswirkungen auf die Herrschaftsführung und den Verwaltungsaufbau bisher kaum im Interesse der Forschung. So lassen sich zwar detaillierte Studien zu weltlichen Fürstentümern finden, doch können diese Forschungsergebnisse nicht einfach auf reichsbischöfliche Territorien übertragen werden. Einzig das Hochstift Basel wurde bisher umfassend untersucht. Angesichts der Stellung der geistlichen Reichsfürsten im sozialen, rechtlichen und politischen Gefüge des Spätmittelalters erscheint das als bedeutendes Forschungsdefizit. Dies umso mehr in Anbetracht der Tatsache, dass reichhaltiges Quellenmaterial zur Verfügung stünde. Allein das Staatsarchiv Bamberg weist für den Zeitraum von 1438/39–1515/16 rund 370 Rechnungsbücher aus, welche der bischöflich-hochstiftischen Verwaltung zugerechnet werden können. Ab 1470 respektive 1487 sind zudem die Hofkastenamts- und Kammeramtsrechnungen seriell überliefert. Zudem weist das Bamberger Hochstift eine reiche Überlieferung an Urkunden, Urbaren, Zinsbüchern und weiteren Zeitzeugnissen auf. Ausgehend von der Kammermeisterrechnung wurden in dieser Masterarbeit die Verwaltungsstrukturen der bischöflich-fürstlichen Finanzverwaltung im Jahr 1487/88 herausgearbeitet. Dabei steht die Frage nach der Rolle des Kammeramts innerhalb der hochstiftischen Verwaltung im Zentrum des Interesses. Der Hauptteil der Arbeit umfasst eine ausführliche Beschreibung und Quellenanalyse der Kammeramtsrechnung von 1487/88. Ihr nachgeordnet folgen ein Beschrieb der Hofkastenamtsrechnung desselben Jahres sowie eine Übersicht über die lokale Amtsrechnung des Kastenamts Forchheim, Reut und Ebermannstadt. Der Aufbau der Arbeit orientiert sich an den Verwaltungsebenen und gibt einen tiefen Einblick in die Bamberger Rechnungsführungspraxis. Basierend auf der Auslegeordnung dieser Rechnungsquellen kann gezeigt werden, dass das Kammeramt auf der obersten Verwaltungsebene der bischöflich-fürstlichen Finanzverwaltung anzusiedeln ist. Dem Kammeramt stand der Kammermeister vor, der die Rechnungen von allen untergeordneten Amtsträgern kontrollierte sowie alle Einnahmen und Ausgaben der Kammer (Kammergüter und zugehörige Ländereien) verwaltete. Der Einnahmeteil der Kammeramtsrechnung setzte sich dabei aus drei Teilen zusammen. Erstens aus Einnahmen aus verschiedensten Herrschaftsrechten, die dem Kammermeister zur Amtsführung zugesprochen wurden (bspw. Zinse und Zehnten aus Wernsdorf). Zweitens aus Ansprüchen, die dem Bischof als weltlichem Herrscher zustanden (Regalien wie Zoll und Geleit) und drittens aus Überschüssen der lokalen Amtsrechnungen. Mit diesen Einnahmen deckte der Kammermeister die anfallenden Kosten für die Amtsführung des Bischofs sowie dessen Hofhaltung in der Stadt Bamberg. Diese reichten von Soldzahlungen über Konfekteinkäufe zu Hufeisen für den Pferdestall bis zu sämtlichen Ausgaben, die im Alltag bei Hofe anfielen. Auf der zweiten Verwaltungsebene war das Hofkastenamt angesiedelt. Es war für die Getreideeinnahmen und -ausgaben der Kammer zuständig und stellte die Versorgung des bischöflichen Hofes mit Korn, Weizen, Dinkel, Gerste und Hafer sicher. Das Hofkastenamt ist dabei sicherlich nicht als „Mittelbehörde“ zwischen Kammeramt und lokalem Amt zu werten. Obwohl das Amt gewisse zentrale Züge aufweist, nahm es wohl eher eine Sonderstellung unter den Kastenämtern ein, die aus seiner Angliederung an den bischöflichen Hof resultierte. Auffällig ist, dass der Hofkasten nur über eine sehr geringe Geldrechnung verfügte und die meisten Ausgaben des Hofkastners direkt über die Kammeramtsrechnung abgewickelt wurden. Die letzte Verwaltungsebene bilden schliesslich die lokalen Ämter, die ihre Rechnungsüberschüsse in Geld ans Kammeramt und – je nach Bedarf – Getreide zur Versorgung des Hofes ans Hofkastenamt ablieferten. Ein Grossteil der Getreidebestände verblieb lokal bei den Kasten und wurde lediglich in den Rezessen ausgewiesen. Die Kastenamtsrechnungen bestanden jeweils aus einer Getreide- und einer Geldrechnung. Als Fazit kann festgehalten werden, dass die Kammeramtsrechnung zugleich als Zentralrechnung des Hochstifts, Amtsführungskasse des Bischofs und Bamberger Hofrechnung fungierte. In erster Linie ist sie aber Kammermeisterrechnung, also die Abrechnung des Kammermeisters, der gegenüber dem Bischof über seine Rechnungsführung Rechenschaft ablegte. Das Kammeramt ist damit zwar als zentrale Schnittstelle anzusehen, an der die Rechnungsergebnisse aller Verwaltungsebenen der bischöflich-fürstlichen Finanzverwaltung zusammenflossen, sie diente aber nicht unbedingt dazu, einen Gesamtüberblick über die hochstiftischen Finanzen zu geben.

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