Unsittliche Lebensgemeinschaften. Unzuchts- und Konkubinatsfälle vor dem Berner Obergericht 1853-1914

Nom de l'auteur
Anna
Faoro
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Joachim
Eibach
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2010/2011
Abstract
Ausgehend von der ersten reformatorischen Berner Chorgerichtssatzung von 1529, die das uneheliche Zusammenleben unter Strafe stellte, wird im Rahmen der Untersuchung Unsittliche Lebensgemeinschaften die Entwicklung des Berner Eherechts in der Frühen Neuzeit nachgezeichnet und die Entstehung der bevölkerungspolitisch motivierten Heiratspolitik im Kontext der Pauperismusdiskussion verfolgt. Diese zum Teil interkantonal vergleichende Darstellung mündet in der Analyse der Berner Gerichtspraxis Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei wird einerseits der Frage nachgegangen, wie sich die strukturellen Veränderungen, das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Industrialisierung des Kantons auf die Häufigkeit und Ausprägung der ausserehelichen Sexualität und ihre rechtliche Verfolgung ausgewirkt haben. Zweitens wird untersucht, inwiefern sich die Veränderung der Rechtslage, die Abschaffung der Bestrafung der allgemeinen Unzucht 1866 und das bundesstaatliche Verbot der ökonomisch-rechtlichen Ehehindernisse 1874, in der Gerichtspraxis des Berner Obergerichts und in der Lebenssituation, welche die Angeklagten zu Protokoll gaben, widerspiegeln. Während des Untersuchungszeitraums beurteilte das Obergericht 44 Unzuchtsfälle und 285 Konkubinatsfälle. Die aus den Archivregistern bekannten individuellen Merkmale der Angeklagten werden in einer deskriptiv-statistischen Analyse zusammengefasst und ausgewertet, um ein Sozialprofil der TäterInnen skizzieren zu können. Von den insgesamt 329 vorliegenden Fällen werden 92 Untersuchungsakten aus drei Zeitperioden (1857-1860; 1883-1887; 1907-1914) näher betrachtet und inhaltsanalytisch ausgewertet. Dabei sind in erster Linie die Gründe des ausserehelichen Zusammenlebens von Interesse. Konzeptuell verfolgt die Arbeit den Anspruch, die Geschichte der Sexualitätsreglementierung aus zwei Perspektiven, der normativ-staatlichen und der lebensweltlich-individuellen, zu betrachten. Dabei stellt sich die Frage, wie sich die normative Begründung des Unzuchtsund Konkubinatsverbots veränderte und welche Argumentationsmuster der Kriminalisierung der ausserehelichen Sexualität zugrunde lagen. Andererseits stehen die Handlungsmöglichkeiten der Angeklagten im Fokus. Inwiefern werden Zeichen des Widerstandes gegen die herrschende Rechtslage oder des Arrangements mit der eingeschränkten Lebenssituation deutlich?

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