Un-)erwünschte Fremde: Militärflüchtlinge und Internierte im Kanton Graubünden während des Ersten Weltkriegs

Nom de l'auteur
David
Rotach
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
PD Dr. phil
Daniel Marc
Segesser
Institution
Historisches Seminar
Lieu
Bern
Année
2021/2022
Abstract

Bereits im 19. Jahrhundert galt die Schweiz als beliebte Asyldestination. Seit der Gründung des Bundestaats im Jahr 1848 sahen sich Bundesrat, Bundesverwaltung und kantonale Regierungen mit verschiedenen Typen von Flüchtlingen konfrontiert. Deren Schutzbedürftigkeit werteten die Behörden dabei unterschiedlich. Während politische Flüchtlinge in der Schweiz grundsätzlich Asyl erhielten, wiesen die Behörden Militärflüchtlinge (Deserteure und Refraktäre) hingegen meist bereits an der Grenze ab. Durch die von der europäischen Staatengemeinschaft veranlassten Überlegungen hinsichtlich einer Kodifizierung des Krieges bildete sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts eine weitere Flüchtlingsgruppe heraus, die sogenannten Internierten. In Bezug auf die Schweiz waren das primär Militärpersonen von Krieg führenden Mächten, welche im neutralen Land interniert wurden, um nicht mehr am Krieg teilnehmen zu können.

Am Vorabend des Ersten Weltkriegs bestanden von Seiten der Behörden unterschiedliche Wahrnehmungen der verschiedenen Flüchtlingsgruppen und auch die rechtlichen Grundlagen unterschieden sich erheblich. Zusätzlich führte die in den 1880er Jahren einsetzende Arbeitsmigration in die Schweiz dazu, dass die Zivilbevölkerung und die eidgenössischen Behörden den Ausländer:innen im Allgemeinen zunehmend mit Unbehagen begegneten. Vor diesem Hintergrund konstituierten sich verschiedene Diskursstränge, welche die „schweizerische Identität“ von dem „Fremden“ abzugrenzen versuchten und aus denen sich schliesslich während des Ersten Weltkriegs der sogenannte Überfremdungsdiskurs konstituierte.

Während des Ersten Weltkriegs hielten sich inderSchweizsowohlMilitärflüchtlingealsauch Internierte auf. Besonders zahlreich vertreten waren die beiden Migrantengruppen im Grenz- und Tourismuskanton Graubünden, der im Fokus vorliegender Masterarbeit steht. Vor dem Hintergrund des (rechts-)historischen Umgangs sowohl der Schweiz wie auch des Kantons Graubünden gegenüber den zwei erwähnten Migrantengruppen und unter Einbezug des Überfremdungsdiskurses analysiert die Arbeit anhand von thematischen Aspekten gleichermassen Unterschiede und Gemeinsamkeiten von behördlichen Massnahmen sowie zivilgesellschaftlicher Wahrnehmung hinsichtlich der zwei Flüchtlingsgruppen während des Ersten Weltkriegs. Dabei zeigt sich, dass es zu kurz greift, zwischen „erwünschten“ Internierten und „unerwünschten“ Militärflüchtlingen zu unterscheiden, wie das grösstenteils die vorhandene Forschungsliteratur gemacht hat. Auch wenn der behördliche Umgang gegenüber den Internierten im Vergleich zu den Militärflüchtlingen tendenziell sanfter war und die Internierten von der Zivilbevölkerung mehrheitlich als positive Erscheinung wahrgenommen wurden, vermag die Masterarbeit Ähnlichkeiten zwischen den beiden Migrantengruppen aufzuzeigen und einzubetten. So wurden auch die Internierten von Massnahmen einer stärker wer-

denden Fremdenabwehr erfasst und in den Augen der Zeitgenoss:innen bei Konflikten als „Fremde“ wahrgenommen und oftmals dem „Eigenen“ gegenübergestellt.

Um ein möglichst umfassendes Bild der Situation zeichnen zu können, dienten der Arbeit neben vielen amtlichen Dokumenten aus dem Bundesarchiv und primär dem Staatsarchiv des Kantons Graubünden auch diverse mediale Quellen. Da die Thematik in der Forschungsliteratur zum Kanton Graubünden bislang kaum Beachtung fand, nahm die Arbeit für viele der verwendeten lokalen Quellen erstmals eine systematische Auswertung vor.

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