Pionierinnen mit Stallgeruch? Die Anfänge der Bäuerinnen- und Landfrauenverbände in der Schweiz und ihre Rolle bei der Institutionalisierung der Bäuerinnenausbildung am Beispiel des Kantons Bern

Nom de l'auteur
Esther
Muntwyler
Type de travail
Mémoire de licence
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Christian
Pfister
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2004/2005
Abstract

Die Lizentiatsarbeit zeigt Entstehung und Tätigkeitsbestrebungen der ersten kantonalen Bäuerinnen- und Landfrauenverbände der Schweiz am kantonalbernischen Landfrauenverband (VBL) exemplarisch auf. Sie geht der Frage nach, welche Faktoren die Welle der Gründungen von Landfrauenorganisationen anfangs der 1930er Jahre ausgelöst haben, an welchen Vorbildern sich die Initiantinnen orientierten, und welche Rolle der VBL in der schweizerischen Landfrauenbewegung gespielt hat. Wer waren die Akteurinnen, welche Ziele verfolgten sie, und was haben sie erreicht? Zeitlich setzt die Arbeit mit der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) 1928 ein, an der die Bäuerinnen in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt und zu Organisationsbestrebungen ermutigt wurden. Sie endet mit dem vom Parlament 1951 verabschiedeten Landwirtschaftsgesetz, das die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstands beinhaltet, und worin auch die vom VBL geschaffene Bäuerinnenausbildung Eingang fand.

 

Zunächst wird der Zusammenhang zwischen der Gründung der Bäuerinnen- und Landfrauenverbände und der wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Situation dargestellt. Neben der sich aufs Land ausdehnenden Frauenbewegung und der SAFFA spielte auch die Tatsache, dass es sich bei den einflussreichen landwirtschaftlichen Organisationen in der Regel um „Männerclubs“ handelte, eine wichtige Rolle. Wesentlich für den Zusammenschluss der Landfrauen war aber auch – in dieser Hinsicht vergleichbar mit den Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen landwirtschaftlichen Genossenschaften – die Wirtschaftskrise, die sich auf den Bauernstand auswirkte. In einem weiteren Schritt stellt die Arbeit dann die Frage nach den Vorbildern der Bäuerinnen- und Landfrauenorganisationen: Es ist nicht zu übersehen, dass sich die Initiantinnen an den seit Ende des 19. Jahrhunderts bestehenden deutschen Landwirtschaftlichen Hausfrauenvereinen – den Vorläuferorganisationen des Deutschen Landfrauenverbands – orientierten. Deren Verbandsstrukturen und -zielsetzungen wurden jedoch nicht einfach übernommen, sondern den schweizerischen Eigenheiten angepasst. Im Weiteren folgt ein Überblick über die kantonalen Landfrauenverbände in der Schweiz, um danach den Fokus auf den Berner Verband zu legen und dessen Strukturen, Tätigkeitsbestrebungen und Beziehungen zu anderen Verbänden zu untersuchen. Der kantonale Vergleich zeigt, dass die Verbandsschwerpunkte der Bäuerinnen- und Landfrauenverbände, obwohl meist auf den vier Säulen „Produkteverwertung“ (Vermarktung typischer Bäuerinnenprodukte), „Selbstversorgung“, „Ländliche Kultur“ und „Bildung“ basierend, regional verschieden gewichtet wurden. Besonders in den Kantonen Schaffhausen, Waadt und Graubünden stand zu Beginn die Vermarktung der typischen Bäuerinnenprodukte wie Gemüse, Beeren und Eier und im Kanton Waadt zusätzlich Früchte stark im Vordergrund. Neben der wirtschaftlichen Besserstellung wurden auch ideelle Ziele verfolgt. In Bern übernahm die Subkommission „Pflege und Erhaltung ländlicher Art“ diese Aufgabe. Durch Propagierung des Trachtentragens und durch Vorträge und winterliche Vorleseabende (an denen die Landfrauen strickten) wurde versucht, das Selbstbewusstsein der Bäuerinnen zu stärken. Der im Herbst 1930 gegründete VBL setzte sich, neben den oben genannten Tätigkeiten, von Beginn an besonders für verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten von Frauen in der Landwirtschaft ein, welche die Waadtländer Bäuerin Augusta Gillabert-Randin schon am Zweiten Schweizerischen Frauenkongress 1921 gefordert hatte. Auf diese Bildungsbestrebungen wird am Schluss der Arbeit eingegangen. Die landwirtschaftliche Haushaltungslehre, die vom VBL neu eingeführt wurde, schaffte den Durchbruch erst in der Nachkriegszeit, als sie zur Bedingung für die Ablegung der ebenfalls vom VBL geschaffenen Berufsprüfung für Bäuerinnen und die von ihm eingeführte Ausbildung zur bäuerlichen Haushaltsleiterin wurde. Mit der Anerkennung des Bäuerinnenberufs wollten die Bernerinnen jungen Frauen auf dem Land eine Zukunftsperspektive bieten und so die Landflucht der weiblichen Bevölkerung aufhalten. In der VBL-Berufsbildungskommission war, neben den Konviktleiterinnen der kantonalbernischen Landwirtschafts- und Haushaltungsschulen Schwand und Waldhof, auch die in der Frauenbewegung aktive Rosa Neuenschwander tätig. Dabei verfügten die genannten Frauen über nicht geringen Einfluss im Vorstand. Die in der Landwirtschaft übliche geschlechtliche Rollenteilung wurde von der Kommission nie in Frage gestellt. Während in der Ausbildung zum Landwirt Betriebsführung, Tierzucht, Genossenschaftswesen etc. sowie die „Hülfsfächer“ Mathematik, Chemie und Deutsch auf dem Schulplan standen, dominierten im Programm der Haushaltungsschulen, beim Haushaltungslehrabschluss und der Bäuerinnenprüfung Fächer wie Haushaltsführung, Gartenbau und Hühnerhaltung. Bis heute haben sich die organisierten Landfrauen mit der Bildungsfrage auseinander gesetzt, und die Form der Ausbildung immer wieder den gesellschaftlichen Verhältnissen angepasst.

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