„Have never been there and don’t want to“. Die Repatriierungspolitik durch die Alliierten im Spiegel der Child Search Branch Akten und die Repatriierung jugoslawischer Kinder

Nom de l'auteur
Alliya Ahmad
Oppliger
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Dr.
Regina
Fritz
Institution
Historisches Seminar
Lieu
Bern
Année
2023/2024
Abstract

Diese Masterarbeit beleuchtet die Suche, Betreuung und Rückführung jugoslawischer Kinder nach dem Zweiten Weltkrieg–ein bisher wenig erforschtes Thema. Sie geht der Geschichten von 18 Kindern nach, die durch den Krieg von ihren Familien getrennt wurden und deren Erlebnisse stellvertretend für viele andere stehen. Im Fokus stehen die politischen und bürokratischen Herausforderungen, die die vielfältigen Rückführungsbemühungen begleiteten.

 

Internationale Organisationen wie die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) und ihre Nachfolgerin, die International Refugee Organization (IRO), spielten eine zentrale Rolle bei der Suche und Betreuung dieser Kinder. Besondere Schwierigkeiten ergaben sich bei der Rückführung von Kindern, die als „volksdeutsch“ galten, da ihre Situation durch die politischen Spannungen im Rahmen des Kalten Krieges zusätzlich verkompliziert wurde. Die Analyse der individuellen Schicksale zeigt, dass sich der Lebensweg der Kinder nach dem Krieg unterschiedlich gestaltete: einige wurden adoptiert, andere emigrierten oder kehrten freiwillig bzw. zwangsweise in ihre Heimat zurück. Die Biographien verdeutlichen, wie politische Entscheidungen und geopolitische Spannungen die Rückführung und Betreuung der Kinder beeinflussten und wie die Kinder in diesem Kontext zu politischen Akteur:innen wurden.

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand die Rückführung jugoslawischer Kinder vor erheblichen logistischen und politischen Herausforderungen. Internationale Organisationen wie die UNRRA und das Internationale Rote Kreuz arbeiteten eng mit militärischen Organen, insbesondere den britischen und amerikanischen, zusammen, um sicherzustellen, dass die logistischen Anforderungen für die Rückführung erfüllt wurden und die Kinder sicher in ihre Heimatländer zurückkehren konnten. Diese Kinder wurden registriert, ihre Herkunfsinformationen sowie weitere Umstände dokumentiert und ihre Rückführung koordiniert. Das Jugoslawische Rote Kreuz (JRK) spielte eine wesentliche Rolle in diesen Bemühungen, indem es umfangreiche Nachforschungen in Lagern, Krankenhäusern und Waisenhäusern in ganz Europa durchführte, um jugoslawische Kinder aufzufinden.

 

Die Rückführung jugoslawischer Kinder begann offiziell erst 1946. Bis zum 31. Oktober 1946 wurden insgesamt 9511 unbegleitete Kinder identifiziert, die die jugoslawische Staatsangehörigkeit beanspruchten und sich unter der Obhut der UNRRA befanden. Das JRK koordinierte die Rückführung mit anderen Rotkreuz- und Hilfsorganisationen sowie mit Militär- und Regierungsbehörden. Sie leisteten humanitäre Hilfe, einschliesslich der Bereitstellung von Nahrung, Kleidung, medizinischer Versorgung und Unterkunft. Ein zentraler Aspekt der Rückführung war die Organisation von Transport und Logistik. Das JRK koordinierte mit den Transportbehörden, organisierte Reisedokumente und stellte sicher, dass die Kinder sicher nach Jugoslawien gelangten.

 

Die Bemühungen um die Rückführung wurden durch politische Spannungen zusätzlich erschwert. Die britischen und amerikanischen Militärbehörden sowie katholische Institutionen hatten oft unterschiedliche Ansichten zur Rückführung jugoslawischer Kinder, insbesondere vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Krieges. Trotz dieses Widerstands setzte sich die UNRRA weiterhin für die Rückführung ein und bemühte sich, die Kinder auf ihre Rückkehr vorzubereiten.

 

Diese Masterarbeit stützt sich auf umfangreiche Archivrecherchen, insbesondere die Akten des International Tracing Service (ITS) und Dokumente aus den Archiven der Vereinten Nationen. Eine detaillierte Untersuchung von 64 Kinderakten aus dem Teilbestand der Verwaltungsunterlagen des Child Search Branch (CSB) aus den Jahren 1947 bis 1950 bieten tiefgehende Einblicke in die individuellen Schicksale und die umfassenden humanitären Bemühungen, diesen Kindern zu helfen.

 

Zu den wichtigsten Quellen gehören die Akten des ITS mit über 65’000 Einträgen zu vermissten oder wiedergefundenen Kindern sowie Dokumente und Berichte aus den UN Archives, die die Rolle internationaler Organisationen wie der UNRRA und der IRO in der Nachkriegszeit beleuchten. Zusätzliche Dokumente und Fotografien aus dem United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) dokumentieren die humanitären Bemühungen und die Schicksale der betroffenen Kinder.

 

Diese Arbeit leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zur historischen Forschung über die Nachkriegszeit und die humanitären Herausforderungen, sondern schärft auch das Bewusstsein für die komplexen politischen und sozialen Dynamiken dieser Zeit. Sie erzählt von menschlicher Hingabe, Hoffnung und Widerstandsfähigkeit in einer Zeit des Umbruchs und der Erneuerung und bietet wertvolle Einblicke in die historischen, politischen und ideologischen Konflikte der Nachkriegszeit.

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