Raumübergreifende Visionen, Naturbezwingung und Technikkult

Nom de l'auteur
Fux
Jannick
Type de travail
Mémoire de master
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Julia
Richers
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
2023/2024
Abstract

Diese Masterarbeit untersucht, wie technische Neuentwicklungen in der Schifffahrt, im Schienenverkehr und im Flugverkehr das Raumverständnis der russischen Stadtbevölkerung und Führungsschicht zwischen 1900 und 1925 beeinflussten. Das Ziel ist es, die Auswirkungen dieser Technologien auf die Raumwahrnehmung und deren symbolische Bedeutung in der russischen Gesellschaft zu analysieren. Aufgrund der enormen Ausdehnung des Landes, zusammen mit den harten Wintern, wird die ansässige Bevölkerung hinsichtlich der Raumüberwindung regelmässig vor Herausforderungen gestellt. Aus diesem Grund erscheint es gewinnbringend, das Verständnis von Raum in dieser Region genauer zu beleuchten.

 

Hierzu werden die folgenden Forschungsfragen gestellt:

1. Inwiefern beeinflussten technische Neuentwicklungen in der Schifffahrt, im Schienenverkehr sowie im Flugverkehr das Raumverständnis der russischen Stadtbevölkerung und Führungsschicht der Jahre 1900 bis 1925?

2. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede finden sich im Vergleich der Jahre vor der Oktoberrevolution 1917 und der Jahre danach, bezüglich der Anwendung und Wahrnehmung von Raumüberwindungsmaschinen mit Fokus auf das Flugzeug?

3. Weshalb entwickelten Geräte zur Raumüberwindung im russischen Zarenreich als auch in der Sowjetunion eine derart starke Symbolkraft?

4. Wie und wozu wurden die benannten Verkehrsmittel in Bildquellen vor wie auch nach der Oktoberrevolution von 1917 dargestellt und was sagen diese Darstellungen über die Raumwahrnehmung der jeweiligen Zeit aus?

 

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde  ein Korpus von Bildquellen, einschliesslich Plakaten und Postkarten, analysiert. Diese Quellen wurden nach ihrer äusseren Form, Bildbeschreibung, inhaltlicher Deutung und der an das Zielpublikum gerichteten Botschaft untersucht. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Untersuchung der Symbolkraft und der propagandistischen Nutzung der Verkehrsmittel in den verschiedenen Zeitperioden. Die Einteilung der Bildquellen in die Zeiträume vor und nach 1917 eröffnet zudem die Möglichkeit, die Auswirkungen der in der Geschichtsschreibung bestehenden Zäsur in Form der Oktoberrevolution genauer zu analysieren, wobei der zaristische sowie der sowjetische Zeitabschnitt oft unabhängig voneinander betrachtet werden.

 

Die Analyse ergab, dass technologische Fortschritte in der Schifffahrt, im Schienenverkehr und im Flugverkehr das Raumverständnis erheblich veränderten. Vor der Revolution wurde der technologische Fortschritt als Zeichen der Naturbezwingung und Modernisierung dargestellt, während nach der Revolution eine politische Instrumentalisierung dieser Technologien zu Propagandazwecken erfolgte. Die vertiefte Analyse der Bildquellen liefert wertvolle Einblicke in die Entwicklung der Raumwahrnehmung und das Verständnis der technischen Fortschritte in diesem Zeitraum. Das Flugzeug entwickelte sich zu einem Symbol der nationalen Modernisierung und der kommunistischen Ideologie, wobei sich die Raumwahrnehmung von einem zweidimensionalen zu einem dreidimensionalen Raumverständnis wandelte. Die Arbeit zeigt, dass die starke Symbolkraft dieser Verkehrsmittel durch eine Kombination aus Fortschrittszwang, Propaganda und der Alltagsrelevanz der Raumüberwindung entstand. Hinsichtlich der bestehenden Zäsur lässt sich erkennen, dass die sowjetischen Erfolge in der Luftfahrt auf der Grundlage der zaristischen Vorgänger basierten und teilweise dem Laufe der Zeit geschuldet waren, was vor Augen führt, dass eine zu starke Abkapselung zweier Zeitperioden wissenschaftliche Thesen verfälschen kann.

 

Die Studie bietet aus diesen Gründen wertvolle Einblicke in die Entwicklung der Raumwahrnehmung und zeigt die Bedeutung technischer Fortschritte und deren Darstellung in der russischen Gesellschaft auf. In diesem Forschungsfeld kann zudem weiter analysiert werden, nach welchem Verbreitungsmuster solche Bildquellen in den Regionen des Zarenreichs in Umlauf kamen, um in einem Vergleich die Stadt- und Landbevölkerung hinsichtlich des bestehenden Raumverständnisses einander gegenüberzustellen.

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