Das Thema Menstruation wurde lange tabuisiert und wird es zum Teil heute noch. Dass der weibliche Zyklus lange Zeit wenig oder gar nicht thematisiert, geschweige denn erforscht wurde, hat nachhaltig zu dessen Stigmatisierung beigetragen. Dieses Stigma lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. In der Antike bestanden so manch wunderliche Vorstellungen über die Menstruation und dem Menstruationsblut wurden magisch anmutende Kräfte zugesprochen. Diese Vorstellungen und die damit zusammenhängenden respektive daraus resultierenden Praktiken wurden in der vorliegenden Masterarbeit untersucht. Dabei wurden sowohl medizinische Texte wie etwa das Werk von Soranus über die Gynäkologie als auch naturwissenschaftliche und landwirtschaftliche Schriften berücksichtigt. Insbesondere Plinius der Ältere liefert uns in seiner Naturalis Historia eine umfangreiche Zusammenstellung der dem Menstruationsblut attestierten positiven und negativen Wirkungen. Aber auch Columella kommt in seiner Schrift De re rustica auf verschiedene Wirkungen, die menstruierende Frauen auf Pflanzen haben sollen, zu sprechen. Diese Schriften wurden hermeneutisch und diskursanalytisch untersucht, um eine qualitative Darstellung der in der Antike vorherrschenden Wahrnehmung des weiblichen Zyklus zu ermöglichen. Dabei wurde festgestellt, dass sich die darin beschriebenen Kenntnisse und Praktiken auf verschiedene Traditionen stützen, einerseits auf eine von Griechenland kommende medizinisch-wissenschaftliche Tradition und andererseits auf aus verschiedenen Regionen des römischen Reiches stammende folkloristische Traditionen. Während medizinische Schriften die Menstruation in erster Linie als Reinigungsprozess des weiblichen Körpers beschreiben und ihren Nutzen für die menschliche Reproduktion untersuchen, fokussieren sich die Schriften, die sich auf tradiertes Wissen berufen, auf die schädlichen Wirkungen des Menstruationsblutes für Menschen, Tiere, Pflanzen und sogar leblose Materialien. Dabei werden nicht nur dem Menstruationsblut selbst, sondern auch der (menstruierenden) Frau magische – heilende, aber auch zerstörerische – Kräfte zugeschrieben, wodurch im weiteren Sinne der gesamte weibliche Körper als Quelle der Macht angesehen wurde. Die Vorstellungen und Praktiken im Zusammenhang mit der Menstruation prägten entsprechend auch das gesellschaftliche Bild der Frau. Die antiken Sichtweisen auf den weiblichen Körper und Zyklus haben dazu beigetragen, ein Bild der Frau zu etablieren, das sie als das – im Vergleich zum Mann – fehlerhafte und schwache Geschlecht darstellt. Die Menstruation dient dabei als primäres Unterscheidungsmerkmal zum männlichen Geschlecht und wird etwa von Aristoteles, dessen Theorie von Plinius übernommen wird, als Zeichen der weiblichen Minderwertigkeit angesehen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass diese Vorstellungen, die stark vom gesellschaftlich-kulturellen Kontext geprägt sind, Einblick in die Wahrnehmung und den Umgang mit der Menstruation und der menstruierenden Frau in der Antike geben. Allerdings ist anzumerken, dass es sich hierbei nicht um eine abschliessende Darstellung der antiken Vorstellungen über den weiblichen Zyklus handelt, da die Quellenlage kein gesamtgesellschaftliches Bild erlaubt.