Ziele und Mittel der byzantinischen Diplomatie in Kleinasien und Nordsyrien unter den Komnenen vor dem Hintergrund ihrer Aussenpolitik (1081-1180)

Nom de l'auteur
Matthias
Rüegger
Type de travail
Mémoire de licence
Statut
abgeschlossen/terminé
Nom du professeur
Prof.
Rainer
Schwinges
Institution
Historisches Institut
Lieu
Bern
Année
1997/1998
Abstract

Das ganze Mittelalter hindurch war die Diplomatie als wichtiges Instrument der Aussenpolitik des byzantinischen Reiches berühmt, vielfach auch berüchtigt. Dessen häufige Anwendung sah man im Westen oft als Ausdruck negativer Charaktereigenschaften der Byzantiner, wie Feigheit, List, Hinterhältigkeit, Kampfesscheu und Verweichlichung. Solche Vorurteile hielten sich auch in Historikerkreisen bis ins 20. Jh. hinein. Besonderen Einfluss hatten in diesem Zusammenhang die mittelalterlichen Geschichtsschreiber der Kreuzfahrer und ihrer Staaten zwischen dem 11. und dem 13. Jh. Die Kreuzfahrer kamen als Durchreisende bzw. Nachbarn in intensiven Kontakt mit der byzantinischen Politik und hatten, da sie zumindest zeitweilig als Gegner betrachtet wurden, auch an den unangenehmeren Aspekten des Ost-West-Kontaktes Teil. Ihre Geschichtsschreiber sorgten durch die Tradierung obiger Vorurteile für den anhaltend schlechten Ruf der byzantinischen Politik.

 

Die Diplomatie als ein zentrales Element der Aussenpolitik dieses Reiches ist bis heute in der Forschung von eher geringer Bedeutung geblieben; neuere Forschungen sind rar. Ziel meiner Arbeit war es deshalb zu analysieren, wann und wie Diplomatie zur Anwendung kam, welche Ziele damit verfolgt wurden und welches ihre Mittel waren.

 

Dabei beschränkte ich mich räumlich auf die östlichen Nachbarn des Reiches, d. h. im Wesentlichen auf das Kreuzfahrerfürstentum von Antiocheia, auf das nördlich angrenzende Herrschaftsgebiet der Armenier in Kilikien sowie auf das grosse moslemische Reich der Seldschuken in Zentralanatolien. Zeitlich umfasst die Untersuchung die Herrschaftszeit der ersten drei Kaiser aus der Dynastie der Komnenen, Alexios 1., Johannes II. und Manuel 1., von 1081 bis 1180. In dieser Zeit befand sich Byzanz in besonders intensivem Kontakt zum Westen und zu den Kreuzfahrerstaaten; es war eine Zeit grosser aussenpolitischer Aktivität, militärisch wie diplomatisch. Die Periode wird ausserdem durch byzantinische wie auch durch westliche Quellen vergleichsweise gut abgedeckt. Als Hauptquellen verwendete ich die drei wichtigsten byzantinischen Geschichtsschreiber dieser Zeit: die Kaiserstochter Anna Komnena, Johannes Kinnamos und Niketas Choniates; zudem den bedeutendsten Historiker der Kreuzfahrerstaaten, Wilhelm von Tyrus.

 

Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. In einem ersten Teil wird die Aussenpolitik von Byzanz gegenüber den oben genannten Nachbarstaaten einer Analyse unterzogen, um herauszufinden, wann und wie Diplomatie als Mittel der Aussenpolitik eingesetzt wurde und wann andere Mittel, zum Beispiel Krieg, vorgezogen wurden. Dabei wird der unterschiedlichen Aussenpolitik der einzelnen Kaiser einerseits, und andererseits den einzelnen Nachbarstaaten gegenüber besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Dieser erste Teil bildet die Grundlage für die im zweiten Teil folgende Untersuchung der einzelnen Mittel der Diplomatie. Dabei werden insbesondere Titelverleihung, Heiratspolitik, Gastfreundschaft, Geld und Geschenke sowie Eidesleistungen eingehend analysiert. Wie, wann und wem gegenüber wurden diese Mittel eingesetzt, zu welchem Zweck und mit welchem Erfolg? Gab es über die Zeit hinweg Veränderungen? Dies waren die Fragen, die hier im Zentrum standen.

 

Das entstehende Bild ist vielfältig. Die Unterschiede in der Anwendung der einzelnen Mittel sind gross. Generell kann jedoch festgehalten werden, dass sich im untersuchten Zeitraum die Häufigkeit und Intensität des Einsatzes diplomatischer Mittel von Kaiser zu Kaiser steigerte. Auch stieg die Intensität der diplomatischen Aktivitäten tendenziell mit Bedeutung und Ansehen der Zielperson.

 

Alles in allem muss die byzantinische Diplomatie in dieser Zeit und in diesem Raum als erfolgreich bezeichnet werden, denn sie sicherte Byzanz im 12. Jh. die Vormachtstellung im kleinasiatisch­nordsyrischen Raum. Dies gilt vor allem für die Phasen, in denen das Reich eine wenig konfrontative Aussenpolitik verfolgte. Grösste Erfolge zeitigt die Diplomatie dann, wenn Byzanz die Möglichkeiten und den Willen hat, ihr notfalls mit militärischer Macht Nachdruck zu verleihen. Dies kann uns nicht weiter erstaunen, funktioniert doch die Diplomatie von heute kaum anders.

 

Somit kann man sagen, dass sich die byzantinische Diplomatie zweifellos als traditionsreiches und gleichzeitig für Innovation offenes, flexibles Instrument der Aussenpolitik der komnenischen Kaiser bewährte.

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